Nach Schadensersatzklage plus Strafanzeige:Chef der Schweizer Sarasin-Bank muss gehen

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Die Privatbank Sarasin wechselt ihren Vorstand aus - die Umstände sind ungewöhnlich. Der bisherige Vorstandsvorsitzende Strähle soll versucht haben, den deutschen Fiskus zu erleichtern.

Von Klaus Ott

Ein neues Führungsteam, die beste Lösung, solide Dienstleistungen, erfolgreiche Strategie, nachhaltiges Wachstum, und so weiter. Das eidgenössische Geldhaus Sarasin mit Stammsitz in Basel, das von dort aus international agiert, feierte sich am Montag wieder einmal selbst. Anlass war die Ernennung eines neuen Vorstandschefs. Edmond Michaan, einer der wichtigsten Manager der brasilianischen Großbank Safra, leitet künftig das Institut aus Basel. Die Safra Holding, hinter der eine der reichsten Familien Südamerikas steht, ist inzwischen Inhaber von Sarasin, einer der traditionsreichsten Privatbanken der Schweiz. Nun bestimmt Safra, wer Herr im Hause ist. Eigentlich ganz normal. Wären da nicht ein paar ungewöhnliche Umstände.

Anfang des Jahres hatte Sarasin noch erklärt, der bisherige Vorstandsvorsitzende Joachim Strähle werde nach dem Besitzerwechsel weiterhin Bankchef sein. Nun heißt es offiziell, Strähle werde sein Amt niederlegen, "um sich anderen Interessen zu widmen". Welche das sein sollen, wird nicht mitgeteilt. Strähle ist nicht der erste Mann aus der obersten Etage, der in diesem Jahr geht beziehungsweise gehen muss. Nicht mehr bei Sarasin ist, einer Mail aus der Bank zufolge, auch ein einst bedeutender Geschäftsführer. Der soll ebenso wie Strähle mit bestimmten Investments und Transaktionen zu tun gehabt haben, die deutschen Finanzbeamten und Staatsanwälten höchst verdächtig vorkommen.

Es geht um Aktiendeals, deren Zweck es gewesen sei, den Fiskus zu erleichtern. Mit der Erstattung von Kapitalertragssteuern, die zuvor gar nicht gezahlt worden seien. Sarasin hat nicht selbst kassiert, soll aber bei solchen Geschäften assistiert haben. Was dran ist an den Vorwürfen, und was nicht, das ist derzeit noch schwer durchschaubar. Auch deshalb, weil sich die Schweizer Privatbank nicht dazu äußert. "Sarasin möchte keine Stellung nehmen", lautet die einzeilige Antwort auf lange Anfragen. Um den neuen Chef Michaan und sein Führungsteam zu bejubeln, sind dagegen 90 Zeilen gerade ausreichend. Lobeshymnen beinahe ohne Ende.

Die Bank aus Basel habe die eigenen Kapitalanleger arglistig getäuscht

Ob es der Familie Safra aus Brasilien nur darum geht, Sarasin zu kontrollieren, oder damit auch ein Aufräumen zu verbinden, bleibt einstweilen ungewiss. Ein deutscher Kapitalanleger, der sich von der Schweizer Privatbank betrogen fühlt, hat bei der Staatsanwaltschaft Zürich Anzeige gegen vier Manager des Geldhauses erstattet. Zwei sind inzwischen weg, zwei sind aber immer noch da und gehören sogar der Geschäftsleitung an.

In der Strafanzeige heißt es, Sarasin habe an einem "Steuerbetrugsmodell" mitgewirkt und dieses Modell "verschleiert". Die Bank aus Basel habe die eigenen Kapitalanleger arglistig getäuscht, anschließend hätte der deutsche Fiskus um mehrere hundert Millionen Euro erleichtert werden sollen. Der Anleger aus Deutschland, der diese Vorwürfe erhebt und fast 50 Millionen Euro zurückfordert, hat über seinen Anwalt inzwischen auch die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht in Bern eingeschaltet.

Dem Verwaltungsrat von Sarasin, der den Führungswechsel jetzt beschlossen hat, gehört seit zwei Jahren auch die CSU-Bundestagsabgeordnete Dagmar Wöhrl aus Nürnberg an. Mitglied des Gremiums ist mittlerweile auch Jacob Safra, der mit der neuen Bank J. Safra Sarasin AG weltweit wachsen will. Das hatte wohl auch der bisherige Sarasin-Vorstandschef Strähle vor. Strähle war mit der Übernahme der eidgenössischen Privatbank durch die brasilianische Großbank einverstanden gewesen und hatte sich auf eine "spannende Zukunft in der Zusammenarbeit mit Safra" gefreut. Die Position von Sarasin als unabhängiger Schweizer Privatbank werde gestärkt, frohlockte Strähle. Jetzt wird er nicht mehr gebraucht.

© SZ vom 28.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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