Streit, den hat Erwin Müller nie gescheut, und das ist auch ein Teil seines Erfolgsgeheimnisses. Gegen heftige Konkurrenz hat der Unternehmer aus Ulm eine der größten Drogerieketten in Deutschland und Mitteleuropa geschaffen. Dabei gab es reichlich Konflikte. Mal mit den Wettbewerbern, mal mit Banken, mal mit den Gewerkschaften. Nichts davon dürfte Müller bereut haben. Bei einer Sache, die dem inzwischen 82-jährigen Patriarchen heute ziemlichen Ärger bereitet, könnte das anders sein.
Der Milliardär hat jahrelang einen wenn auch kleinen Teil seines Vermögens bei der Bank Sarasin in der Schweiz versteckt. Er hat von 1999 bis 2007 Steuern hinterzogen, angeblich insgesamt ein bis zwei Millionen Euro; er hat 2010 Selbstanzeige erstattet und alles nachgezahlt, inklusive Zinsen.
Doch dann fiel dem Fiskus im Jahr 2012 noch ein weiteres Konto auf, dessen Gewinne und Verluste den Behörden offenbar nicht vollständig bekannt waren. Deshalb läuft heute bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart ein Steuerstrafverfahren gegen den schwäbischen Konzernherrn. Hat Müller Erträge dieses Kontos in seiner Selbstanzeige absichtlich verschwiegen? Oder war es ein Versehen?
Die Selbstanzeige sei wirksam, erklärt Müllers Sprecher
Das habe seine damalige Hausbank Sarasin verbockt, lässt Müller über einen Sprecher ausrichten. "Dieser Fehler liegt bei der Bank und war weder durch Herrn Müller noch durch seine Steuerberater zu erkennen." Sarasin habe es versäumt, dieses Konto für diese zwei Jahre "in die Erträgnisaufstellung aufzunehmen". Unter dem Strich sei in den zwei Jahren 2005 und 2006 bei diesem Konto ein Gewinn in Höhe eines "niedrigen einstelligen Millionenbetrags" angefallen.
Es sei Müller wichtig gewesen, sagte sein Sprecher am Wochenende, mit der Selbstanzeige "begangene Fehler vollständig zu korrigieren". Von dem einen Konto, das nun für Ärger sorgt, habe der Fiskus sogar gewusst, mit Ausnahme der Zahlen für die Jahre 2005 und 2006. Es hätte also gar keinen Sinn ergeben, so Müllers Sprecher, ein Konto, welches dem Finanzamt ohnehin bekannt sei, "für einen Zeitraum von zwei Jahren nicht anzugeben." Die Selbstanzeige von Müller sei wirksam, erklärte sein Sprecher.
Züricher Filiale der Bank Sarasin: Der Milliardär Erwin Müller hat jahrelang einen Teil seines Vermögens in der Schweiz versteckt.
(Foto: Fabrice Coffrini/AFP)Das durch die Selbstanzeige vom Mai 2010 ausgelöste Verfahren gegen den Drogerie-Unternehmer wurde Ende 2011 vom Ulmer Fiskus eingestellt. Das neue Verfahren wegen des weiteren Kontos begann im August 2012 wieder beim Fiskus in Ulm und wurde 2013 an die Staatsanwaltschaft Stuttgart abgegeben.
Dass die ganze Sache jetzt publik wird, hat mit Müllers vielen Konflikten zu tun. Der Unternehmer verklagt die frühere Hausbank, die heute J. Safra Sarasin heißt, auf fast 50 Millionen Euro Schadensersatz. Er sieht sich bei einer Geldanlage getäuscht. Und er hat bei Staatsanwälten in Zürich und Köln mehrere Schweizer Banker wegen Betrugs angezeigt. Unter anderem auch Eric Sarasin, zuletzt Vizechef des Geldinstituts mit Stammsitz in Basel.