Schweizer Franken:Ganz nah am Euro

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Die Schweizer Notenbank will den Franken steuern, doch der gewinnt immer weiter an Wert - verwunderlich angesichts der sonstigen Bewegungsstarre am Währungsmarkt. Experten vermuten dahinter das Werk von Spekulanten.

Von Victor Gojdka

Es sind friedvolle Bilder, die diese Tage aus der Schweiz um die Welt gehen: Weißer Schnee rieselt auf die imposanten Bergketten, Wolkenfetzen sinken im Dämmerlicht in die verschlafenen Täler. Die klischeehafte Alpenidylle täuscht jedoch, denn derzeit spielt sich am Schweizer Devisenmarkt ein wahrer Krimi ab - ausgerechnet zum Beginn des Weltwirtschaftsforums legen sich Spekulanten offenbar mit der dortigen Notenbank an.

Schon seit Wochen wertet der Schweizer Franken wie durch wundersame Hand scheinbar unaufhaltsam auf - verwunderlich angesichts der sonstigen Bewegungsstarre am Währungsmarkt. Nun haben die Vereinigten Staaten die vermeintlich neutralen Schweizer auch noch auf eine vielbeobachtete Beobachtungsliste gesetzt. Ihr schwerwiegender Verdacht: Die Eidgenossen könnten ihre Währung manipulieren - zum eigenen Vorteil. Und zu allem Übel mischen sich nun offenbar auch Spekulanten in die Debatte ein. Auf einmal zerren unterschiedlichste Finanzakteure an der Schweizer Landeswährung, die Finanzer verniedlichend "Swissi" nennen. Doch niedlich ist nichts mehr am Schweizer Devisenmarkt.

Wer verstehen will, was im Schweizer Finanzzentrum des Zürcher Paradeplatzes aktuell für Aufsehen sorgt, der muss in die Geschichte schauen. Die harte Währung der unabhängigen Schweizer galt den Finanzprofis schon immer als "sicherer Hafen". Ihre Devise: "Wenn es irgendwo auf der Welt politisch brennt, dann flüchten die Anleger in die Schweizer Devise", sagt Schweizkenner Thomas Gitzel von der VP-Bank. Was wie eine Adelung der Alpenrepublik klingt, wird für sie in Wahrheit zum Fluch.

Weil der Franken international so gefragt ist, wertet die Landeswährung auf, wird also teurer. Die Kehrseite: Für Schweizer Produkte müssen Kunden anderswo auf dem Globus dann mehr Euro oder Dollar hinlegen - und überlegen sich einen Kauf gleich doppelt.

Die USA könnten der Schweiz im Extremfall mit Sanktionen drohen

Seit Mitte 2018 jagt der Franken immer weiter nach oben und setzt die Notenbank damit unter Druck - mit allen Mitteln geldpolitischer Kunst muss sie sich gegen den Ansturm auf den Franken stemmen: Zum einen hat die SNB einen extrem niedrigen Leitzins von minus 0,75 Prozent angesetzt. Für internationale Investoren soll solch ein Zins wie ein Abschreck-Signal wirken. Außerdem wirft die SNB immer wieder Franken auf den Devisenmarkt, um die eigene Währung zu drücken und kauft dafür im Gegenzug ausländische Währungen, um deren Wert spiegelbildlich zu treiben. Genau solche Aktionen dürften die SNB in den Fokus der US-Administration gebracht haben. Die überraschte den Devisenmarkt erst vergangene Woche, indem sie die Eidgenossen auf eine Beobachtungsliste in Sachen "Währungsmanipulation" setze. "Die Interventionen am Devisenmarkt sind rein geldpolitisch motiviert", verteidigten sich die Schweizer Geldhüter in einer seltenen Stellungnahme. Denn üblicherweise geben sich die Zürcher Währungshüter äußerst wortkarg, wenn es um den Franken geht. Das rare Statement zeigt, wie angespannt die Lage ist.

Zu alledem liefert sich die Notenbank seitdem offenbar einen Schlagabtausch mit Spekulanten am Finanzmarkt. Die scheinen derzeit massiv Franken zu kaufen und den Wert der Währung damit weiter nach oben zu treiben, glauben Experten. Wirft die Notenbank dann massiv Franken auf den Markt, um die Währung im Sinne der Exportwirtschaft zu drücken? "Sie fürchten mögliche Sanktionen der USA", sagt VP-Banker Thomas Gitzel. Zumindest in der abgelaufenen Woche haben die Schweizer Geldhüter wohl Vorsicht walten lassen. Neue Daten zeigen: Die Notenbank dürfte zu Beginn des Jahres nicht am Kurs des Franken herumgefingert haben. Die Geldhüter müssen sich jetzt einen Weg überlegen, um zwischen US-Politik und Finanzspekulanten zu navigieren.

In der verschlafenen Alpenrepublik wird es spannend.

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