Tierhaltung:Was sich in Schweineställen bald ändern könnte

Schweinehaltung in Kastenstall

Jedes Tier für sich, das soll es in Zukunft nicht mehr geben. Schweine fühlen sich in der Gruppe wohler.

(Foto: Friso Gentsch/dpa)

Läuft alles glatt, dann verabschiedet der Bundesrat noch in dieser Woche schärfere Regeln für die Schweinehaltung. Für so manchen Landwirt dürften das zu einem Kraftakt werden.

Von Silvia Liebrich

In der Debatte um prekäre Zustände in Schlachthöfen und die Corona-Krise ist ein Thema ins Abseits geraten: die prekäre Lage von Schweinen in Tierställen, die dort oft in beengten Verhältnissen gehalten werden. Besonders umstritten sind die sogenannten Kastenstände, in denen Muttertiere kurz vor dem Abferkeln und während des Säugens untergebracht sind - enge Gitterstände aus Metall, in denen sich die Tiere oft nicht hinlegen, geschweige denn richtig bewegen können. Tierhalter und Politik ringen seit Langem um strengere Vorgaben, bisher vergeblich. Doch nun scheint ein Durchbruch in Sicht.

Am Montag wurde bekannt, dass der Bundesrat diesen Freitag über einen neuen Kompromissvorschlag abstimmen will, mit dem die Schweinehaltung, insbesondere von Sauen und Ferkeln, neu geregelt werden soll. In der Vergangenheit scheiterten gemeinsame Lösungen immer wieder am Widerstand einzelner Bundesländer.

Nun haben Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein einen neuen Kompromissvorschlag vorgelegt. Er sieht vor, dass die Gruppenhaltung die Regel wird und Sauen nur noch für die Besamung in den Kastenstand kommen. Damit will man Ländern mit grüner Regierungsbeteiligung entgegenkommen, denen bisherige Vorschläge nicht weit genug gingen. "Damit schaffen wir einen Systemwechsel: weg vom Kastenstand, hin zur Gruppenhaltung", betont Jan Philipp Albrecht, Schleswig-Holsteins grüner Agrarminister. Werden die neuen Regeln im Bundesrat angenommen, dürfte sich in den Ställen einiges ändern. Schweine sollen künftig artgerechter und mit mehr Platz in Ställen gehalten werden. Umgesetzt werden sollen die neue Vorgaben über einen Zeitraum von acht Jahren. Diese lange Übergangsfrist ist einer der Kernpunkte des Kompromisses. Halter sollen so genug Zeit bekommen, um ihre Ställe umzubauen. Hintergrund der Reform ist ein Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg. Das hatte 2015 festgestellt, dass ein Großteil der Ställe gegen geltendes Recht verstößt. Der neue Vorschlag liegt der Süddeutschen Zeitung vor. Vorgesehen ist, dass betroffene Betriebe innerhalb der nächsten drei Jahre ein Umbaukonzept für eine Gruppenhaltung im Deckzentrum vorlegen. Spätestens nach fünf Jahren muss ein Bauantrag vorliegen. Halter, die nicht umbauen wollen, müssen dies spätestens nach drei Jahren melden und nach fünf Jahren die Sauenhaltung einstellen. Das alles bedeutet erhebliche Investitionen für Tierhalter. Dafür soll es auch staatliche Fördergelder geben. Zuletzt stand die Summe von 300 Millionen Euro für Stallumbauten im Raum. In der Branche wird befürchtet, dass die Zahl der Sauenhalter in Deutschland durch strengere Auflagen weiter sinken wird. Nach dem jetzt gefundenen Kompromiss seien in jedem Betrieb größere Baumaßnahmen erforderlich, betont Bernhard Krüsken, Generalsekretär des Deutschen Bauernverbands. "Dies dürfte gerade die bäuerlich strukturierte Tierhaltung, also kleine und mittlere Betriebe verstärkt zum Ausstieg bringen." Erklärtes Ziel der Bundesregierung ist es, dass auch Familienbetriebe weiterhin wirtschaftlich Sauenhaltung betreiben können. Das wünschen sich auch viele Verbraucher, die zudem auf eine tiergerechtere Haltung pochen.

Die Mittel für die Stallumbauten könnten unter anderem mit Hilfe einer Tierwohlabgabe finanziert werden, für die sich Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) zuletzt aussprach. Ziel sei es, so bessere Haltungsbedingungen mitzufinanzieren. Landwirte bräuchten Hilfe, um die Umbaukosten für ihre Ställe zu stemmen.

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