Süddeutsche Zeitung

Schwarzgeldkonten:Finanzministerium vermutet bis zu 80 Milliarden Euro in der Schweiz

Stimmen die Schätzungen, darf der deutsche Fiskus mit viel Geld rechnen: Bis zu 80 Milliarden Euro Schwarzgeld vermuten Experten in der Schweiz. Zumindest Teile davon sind auch jetzt noch steuerpflichtig - bis zu zehn Milliarden Euro könnte der Staat einnehmen. Doch während die Bundesländer noch Widerstand gegen das Steuerabkommen leisten, fließt womöglich immer mehr Kapital an vermeintlich sicherere Orte.

Deutsche Steuerbetrüger haben nach Schätzungen des Bundesfinanzministeriums bei Schweizer Banken zwischen 50 und 80 Milliarden Euro Schwarzgeld versteckt. Ein Teil dieses Anlagevolumens jedoch dürfte in den vergangenen Jahren wegen des gestiegenen Entdeckungsrisikos inzwischen "in vermeintlich sicherere Anlagestandorte transferiert" worden sein, heißt es in einem Schreiben an den Grünen-Abgeordneten Gerhard Schick.

Für die mit dem Steuerabkommen geplante pauschale Nachversteuerung des illegalen Altvermögens kämen gut 42 Milliarden Euro in Betracht. Daraus erhofft das Ministerium Einmaleinnahmen von zehn Milliarden Euro.

Eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums sagte Süddeutsche.de, grundsätzlich handele es bei den den kolportierten Zahlen nicht um offizielle Angaben oder Berechnungen des Ministeriums. Man wisse nicht genau, wie hoch die Beträge seien, die illegal auf Schweizer Konten lagerten. "Schwarzgeld ist schließlich schwarz und deshalb nicht genau zu beziffern", so die Sprecherin. Es gebe allerdings Schätzungen von Dritten, die in dem genannten Bereich lägen. Diese halte das Ministerium für "einigermaßen plausibel".

Das Abkommen sieht vor, dass in der Schweiz angelegtes Schwarzgeld deutscher Steuerpflichtiger nachträglich je nach Anlagedauer und -höhe mit 21 bis 41 Prozent besteuert wird. Künftige Erträge aus dort angelegtem Geld, etwa Zinsen, sollen genauso besteuert werden wie in Deutschland.

Das Abkommen soll Anfang 2013 in Kraft treten, ist aber noch nicht ratifiziert. Das Schweizer Parlament will in der kommenden Woche darüber abstimmen, allerdings könnte sich das Inkrafttreten noch durch eine Volksabstimmung verzögern, wenn binnen 100 Tagen die nötigen 50.000 Unterschriften zusammenkommen. Hierzulande müssen Bundestag und Bundesrat zustimmen. Die SPD-geführten Länder lehnen den Vertrag jedoch ab.

Das in der Schweiz angelegte Kapital aus Deutschland besteht nach Einschätzung des Finanzministeriums jedoch nur zu einem geringeren Teil aus noch steuerpflichtigem Schwarzgeld. Das geht aus dem Schreiben hervor, über das zuvor das Magazin Focus berichtet hat. Danach wird das Gesamtanlagevolumen deutscher Anleger auf 260 bis 360 Milliarden Schweizer Franken geschätzt - umgerechnet aktuell 216 bis 300 Milliarden Euro.

Die Hälfte davon entfalle auf institutionelle Anleger wie etwa Pensionsfonds. Das in der Presse genannte Volumen deutscher Privatanlagen bei Schweizer Banken von 130 bis 180 Milliarden Schweizer Franken (aktuell 108 bis 150 Milliarden Euro) sei daher nachvollziehbar.

Allerdings seien die auf dieses Kapital potentiell bestehenden Steueransprüche häufig bereits verjährt, heißt es aus dem Finanzministerium. Weiterhin müsse berücksichtigt werden, dass nicht alle Kapitalerträge automatisch steuerpflichtig seien. So ergebe sich die geschätze Größenordnung von 50 bis 80 Milliarden Euro.

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