Das Steuergeheimnis gilt als heilig in Österreich. Wie heilig es ist, das bekam in diesem Jahr die Zeitschrift News zu spüren, die vor ein paar Monaten Steuerakten des ehemaligen Finanzministers Karl-Heinz Grasser veröffentlicht hatte. Um zu dokumentieren, dass ausgerechnet dieser eigentlich sehr vermögende Politiker und Geschäftsmann wenig Abgaben gezahlt habe. Und um die Frage aufzuwerfen, wie gerecht angesichts dieses Falles das Steuersystem in Österreich sei. Der mutmaßlich in einige Skandale verwickelte Grasser, der längst aus der Politik ausgestiegen ist, wehrte sich gegen den Abdruck der Dokumente und erwirkte ein Urteil, wonach "unbefugte Informationen" aus Steuerakten nicht publiziert werden dürften.
Nach dem Steuergeheimnis kommt in Österreich gleich das Bankgeheimnis, das bisher allumfassend gilt und insofern auch jede Menge Steuersünder schützt. Damit könnte es allerdings bald vorbei sein. Die österreichische Phalanx gegen die Lockerung des Bankgeheimnisses bekommt Risse. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) kündigte an, gemeinsam mit Luxemburg über einen engeren Austausch von Kontodaten ausländischer Anleger mit anderen EU-Ländern zu verhandeln. "Wir versuchen, eine geeignete Form zu finden, wie man stärker als bisher Steuerbetrug bekämpfen kann. Wir werden die Verhandlungen gemeinsam mit Luxemburg führen", sagte Feymann in Wien. Bislang sichern Österreich und Luxemburg als einzige Länder in der Europäischen Union (EU) ausländischen Finanz-Kunden Anonymität gegenüber deren heimischen Steuerbehörden zu.
Finanzministerin Maria Fekter von der konservativen ÖVP wehrt sich jedoch weiterhin gegen eine Lockerung der österreichischen Regelung. "Wir haben ein Bankgeheimnis, das in der Verfassung verankert ist. Dafür kämpfen wir, das soll bestehen bleiben, das wollen wir nicht antasten", sagte sie. Dies gelte sowohl für ausländische als auch für inländische Anleger.
Für Österreicher soll das Bankgeheimnis bestehen bleiben
Bereits am Montag hatte die EU-Kommission Österreich zum Einlenken aufgefordert. Luxemburg hatte zuvor Bereitschaft signalisiert, künftig am automatischen EU-Informationsaustausch in Steuerfragen teilzunehmen. Nach Angaben der Oesterreichischen Nationalbank haben EU-Bürger 35 Milliarden Euro bei österreichischen Banken angelegt. Für die rund acht Millionen Österreicher selbst soll das Bankgeheimnis nach Meinung beider Regierungsparteien bestehen bleiben. Hintergrund dafür dürften wohl auch die Parlamentswahlen im Herbst sein.
"Wofür wir nicht sind, ist, dass alle Konten in Österreich offengelegt werden und in einem internationalen Datenaustausch allen anderen bekannt und zugänglich sind", sagte ÖVP-Chef und Vizekanzler Michael Spindelegger. Auch Faymann sagte, dass er lediglich zu Verhandlungen über Konten von ausländischen Anlegern bereit sei. Fekter warnte allerdings vor einer möglichen Diskriminierung ausländischer Sparer: "Das ist verfassungsrechtlich zu prüfen, ob hier nicht eine Diskriminierung eines Teils vorliegt."
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Insgesamt bunkern Ausländer nach Schätzungen von Experten mehr als 50 Milliarden Euro in der Alpenrepublik. Bei etlichen Milliarden soll es sich um Schwarzgeld handeln, das auch Deutsche vor dem heimischen Fiskus in Sicherheit gebracht haben. Das wäre weniger Schwarzgeld als in der Schweiz oder in Liechtenstein, aber immerhin. Anders als seine beiden Nachbarländer blieb Österreich jedoch bislang von internationalen Ermittlungen und anderem Ärger weitgehend verschont. Auch deshalb, weil sich bei den Banken in Wien und im Rest der Republik keine sogenannten Whistleblower fanden, die tausende Kundendaten auf CDs brannten und an deutsche Behörden verkauften. Doch jetzt, nach der weltweiten Veröffentlichung von geheimen Dokumenten aus Steuerparadiesen, wird wohl auch der Druck auf Österreich zu groß.