Schwache Aussichten:"Eine wirklich negative Entwicklung"

Lufthansa CEO Spohr and CFO Menne walk with personnel to a news conference at Lufthansa headquarters in Frankfurt

Haben derzeit wenig zu lachen: Lufthansas Finanzchefin Simone Menne und Vorstandschef Carsten Spohr.

(Foto: Kai Pfaffenbach/Reuters)

Harte Zeiten für Lufthansa: Nach den Anschlägen in Europa lahmt der Reiseverkehr, Tickets müssen auch schon billiger abgegeben werden.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Sinkende Preise, Überkapazitäten auf wichtigen Strecken, ein immer schärfer werdender Wettbewerb, Terroranschläge und politische Krisen - Lufthansa-Chef Carsten Spohr hat allmählich Übung darin, über die Schwierigkeiten im Passagiergeschäft zu klagen. Und weil sich bis Jahresende daran kaum etwas ändern wird, hat Spohr vor zwei Wochen bereits eine Gewinnwarnung veröffentlicht, über die er "nicht glücklich" ist. Doch wirklich dramatisch ist die Situation jetzt schon in einem anderen Konzernbereich: in der Frachtsparte Lufthansa Cargo. Dort ist in den ersten sechs Monaten des Jahres 2016 der Umsatz um fast 20 Prozent auf knapp eine Milliarde Euro eingebrochen, der operative Verlust hat sich auf 46 Millionen Euro nahezu vervierfacht - und entspricht ungefähr einer Marge von minus fünf Prozent. Und anders als im Passagierverkehr kann Lufthansa nicht darauf hoffen, dass sich die Lage auf absehbare Zeit wieder verbessert.

"Wir sehen eine wirklich negative Entwicklung bei Lufthansa Cargo", so Finanzchefin Simone Menne. "Der gesamte Markt leidet unter massiven Überkapazitäten." Laut Spohr sind die durchschnittlichen Preise mittlerweile auf das Niveau von 2009 gesunken, als die Finanzkrise auf ihrem Höhepunkt war.

Für die Logistiksparte hat die Krise einschneidende Folgen, kurzfristig und langfristig. Das Sparprogramm "C40" soll 80 Millionen Euro bringen, 800 Stellen werden abgebaut, "sozialverträglich", wie Spohr versichert. Die Investitionen sind nahezu auf Null zurückgefahren. Anfang 2016 hat Lufthansa Cargo bereits zwei Frachter vom Typ MD-11 eingemottet, weitere sollen bald folgen.

Lufthansa senkt die Preise, um die Maschinen zu füllen

Noch viel unerfreulicher ist der langfristige Ausblick: "Wir werden eine kleinere Frachterflotte haben", sagt Spohr, und Lufthansa Cargo müsse sich stärker an das Passagiergeschäft des Konzerns anpassen. Die Zeiten, als die Frachtsparte - unter ihrem damaligen Chef Carsten Spohr - vergleichsweise große Freiheiten innerhalb der Gruppe genoss, scheinen ein für alle Mal vorbei zu sein.

Auch an anderen Stellen im Konzern läuft es schlechter als zuvor: So ist bei Lufthansa Technik das angepasste operative Ergebnis um 64 Millionen auf 204 Millionen Euro gesunken, der Umsatz ging ebenfalls zurück. Schuld daran ist unter anderem die Schwestergesellschaft Lufthansa Passage: Im vergangenen Jahr war die Techniksparte noch damit beschäftigt, die neuen Business Class-Sitze in die Langstreckenflotte einzubauen. Das aufwendige Projekt ist nun abgeschlossen und hinterlässt eine Lücke.

Weil das Passagiergeschäft im ersten Halbjahr vor allem an den Drehkreuzen Frankfurt und München noch einigermaßen lief und der Treibstoff erneut billiger wurde, hat der Konzern den Gewinn sogar verbessert. Doch bis Jahresende wird auch hier die Entwicklung kippen, der angepasste operative Gewinn könnte unter das Vorjahresniveau sinken. Hauptursache: "Die Stückerlöse werden sehr deutlich sinken", prognostiziert Menne. Sprich: Lufthansa muss niedrigere Preise anbieten, um die Flugzeuge zu füllen.

Zugleich wurden auch Einschnitte beschlossen. Ein weiteres Langstreckenflugzeug sowie sieben Kurz- und Mittelstreckenmaschinen der Airbus A320-Baureihe werden aus dem Verkehr gezogen. 2017 soll die Flotte weiter schrumpfen, obwohl neue Maschinen wie die A320neo oder die A350 hinzukommen. Beschlossen (und zum Teil schon umgesetzt) hat die Gruppe, sechs Langstrecken aufzugeben: von Frankfurt nach Caracas und Shenyang, von München nach Dubai und Sao Paulo sowie von Wien nach Delhi und Tokio Narita.

Die Billigsparte Eurowings, die Spohr weiter ausbauen will, soll nach hohen Anlaufverlusten im kommenden Jahr einen operativen Gewinn ausweisen. Doch bis dahin ist es noch ein langer Weg: Bei einem Umsatz von 922 Millionen Euro machte sie in den ersten sechs Monaten dieses Jahres ein Minus von fast 90 Millionen Euro, 67 Millionen mehr als im Vorjahr. Neue Rezepte sind also gefragt. Spohr wollte sich am Dienstag nicht im Detail zu den Gesprächen mit Air Berlin und Thomas Cook äußern. Er sagte nur nebulös, Eurowings solle "organisches und anorganisches Wachstum ermöglichen". Mit beiden Unternehmen gibt es Kontakte, denn Air Berlin-Großaktionär Etihad würde es gerne sehen, wenn sich die angeschlagene Air Berlin auf die Standorte Düsseldorf und Berlin konzentrieren und den Rest - darunter etwa die Touristikflüge nach Mallorca - abgeben würde. Interesse hat die Lufthansa aber auch an der Airlinesparte des Touristikkonzerns Thomas Cook, zu der Condor gehört. Das Problem: Die Übernahme eines Teils von Air Berlin könnte vermutlich bald ausgehandelt werden, weil der Konkurrent dringend Geld braucht, sie bringt aber nur wenig. Attraktiver scheint dagegen ein Deal mit Thomas Cook. Er würde neue Märkte (vor allem auf der Langstrecke) bringen, aber der Touristikkonzern hat weniger Druck, die Sparte zu verkaufen. Sollte Lufthansa aber Teile von Air Berlin übernehmen, hätte sich der Condor-Deal wohl erledigt: Das Bundeskartellamt würde Einspruch einlegen.

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