Schutz von Erfindungen:Europaparlament beschneidet Kosten für Patente

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Bislang war der Schutz von Erfindungen in Europa eine mühselige Tortur, nun kommt in 25 Ländern das EU-Patent. Der Kostenaufwand für den Patentschutz in Europa schrumpft dadurch auf ein Sechstel. Italien und Spanien sperren sich noch - doch ihre Bedenken dürften bald Makulatur sein.

Von Javier Cáceres

Nach jahrzehntelangem Ringen wird der Patentschutz in Europa nun vereinheitlicht - und damit billiger und einfacher. Am Dienstag stimmte das Europaparlament in Straßburg mit breiter Mehrheit für ein Gesetzespaket, das die Kosten für den urheberrechtlichen Schutz von Erfindungen in Europa auf ein Sechstel reduziert. Derzeit liegen sie bei bis zu 36.000 Euro.

Nahezu zeitgleich mit der Parlamentsentscheidung nahm der Europäische Gerichtshof in Luxemburg einem noch immer tobenden, juristischen Sprachenstreit mutmaßlich die Spitze. Der Generalanwalt sprach sich in einem Gutachten dafür aus, die Klagen der Regierungen Spaniens und Italiens abzuweisen, die das EU-Patentsystem noch bremsen wollen. Madrid und Rom hatten in Zweifel gezogen, dass die 25 EU-Mitgliedstaaten das sogenannte "Verfahren der verstärkten Zusammenarbeit" anwenden und ohne Italiener und Spanier voranschreiten durften.

Rom und Madrid fühlen sich durch die Sprachenregelungen diskriminiert. Die Amtssprachen sind nämlich nur Deutsch, Englisch und Französisch. Die Meinung des Generalanwalts ist nicht bindend, aber erfahrungsgemäß wegweisend. Die Richter pflegen den Gutachten zu folgen. Die Kommission rechnet in jedem Fall damit, dass die lang erwartete erste EU-Patenturkunde Anfang 2014 verliehen werden kann - und dann zunächst in 25 der 27 Mitgliedstaaten der EU gilt.

Die Befürworter des EU-Patents in Politik und Industrie atmeten am Dienstag deshalb auf, weil ein europaweiter, patentrechtlicher Schutz von Erfindungen zwar schon jetzt möglich ist - aber mit einem extrem hohen finanziellen Aufwand, bürokratischen Hürden und jahrelangen Verzögerungen verbunden ist. So kann beim jetzt schon existierenden Europäischen Patentamt in München ein Europäisches Patent beantragt werden. Die Rechtsbriefe müssen dann aber von dem Land der Europäischen Union anerkannt werden, in dem der Patentschutz gelten soll.

Dies erklärt auch die im Vergleich zu konkurrierenden Wirtschaftsräumen hohen Kosten für den Patentschutz in Europa. Sie summieren sich nach Angaben der Kommission auf bis zu 36.000 Euro und liegen damit zwanzig Mal höher als in den Vereinigten Staaten (umgerechnet 1850 Euro) und gleich sechzig Mal höher als in China (600 Euro).

Grund dafür sind insbesondere die Übersetzungen, die sich auf bis zu 23.000 Euro addieren können. Diese Mühsal, die sich überdies bis zu zwölf Jahre hinziehen kann, wird durch das EU-Patent einerseits und die Beschränkung auf die drei Amtssprachen andererseits reduziert. Werden sie nicht in einer dieser Sprachen eingereicht, bedarf es zwar auch künftig einer ergänzenden englischen Fassung.

Mittelständischen Unternehmen, Privatpersonen, gemeinnützigen Organisationen sowie Universitäten und Forschungseinrichtungen aus der Europäischen Union sollen die Übersetzungskosten aber erstattet werden, bis maschinelle Übersetzungen in ausreichender Qualität möglich sind.

Dass Deutsch, Französisch und Englisch gewählt wurden, spiegelt im Übrigen auch die Intensität der Erfindungstätigkeit in den verschiedenen europäischen Ländern wider. Nach Angaben des Europäischen Patentamtes kamen im Jahr 2011 die meisten europäischen Patentanträge aus Deutschland (26.000), gefolgt von Frankreich (9600), den Niederlanden (5600) und dem Vereinigten Königreich (4700).

Italien legte knapp 4000 Anträge vor, während Spanien mit 2500 in einer Liga mit Österreich, Belgien und Finnland spielt. Unter den Europaparlamentariern, die für das neue Patentgesetz stimmten, war mit dem konservativen Niederländer Toine Manders auch ein Anwalt, der nach eigenen Angaben selbst Inhaber zweier Patente ist. Er äußerte sein Bedauern darüber, dass mit Italien und Spanien zwei Länder nicht mitmachen würden, in denen kein Wirtschaftswachstum zu beobachten sei.

Die drei Amtssprachen gelten übrigens auch für das zentrale Patentgericht, das die unterschiedliche Auslegungspraxis nationaler Gerichte zur Verletzung und Nichtigkeit von Patenten beenden soll und seinen Sitz in Paris haben wird. In London und in München werden Nebenstellen eingerichtet, die schwerpunktmäßig für Chemie beziehungsweise Maschinenbau zuständig sein sollen.

"Das Patent ist ein Stück praktisches Europa, in dem auch der Schutz des geistigen Eigentums nicht vor Grenzen haltmachen muss", sagte der sozialdemokratische Europaabgeordnete Bernhard Rapkay. Die Vertreter von CDU/CSU stimmten wie die Abgeordneten der Liberalen für das EU-Patent, Gegenstimmen gab es von Linken und Grünen.

Deren agrarpolitischer Sprecher Martin Häusling äußerte die Befürchtung, dass das europäische Patentamt sogenannte "Patente auf Leben", also auf Tiere und Pflanzen, erteilen und "nationale Gesetze und Beschlüsse des Europäischen Parlaments ignorieren könnte". Dies sei in der Vergangenheit bereits geschehen. "Dies ist ein Schlag ins Gesicht von Landwirten, Züchtern sowie Verbrauchern und Verbraucherinnen", sagte Häusling.

© SZ vom 12.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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