Schumacher-Prozess:Mit einem blauen Auge davongekommen

Nun ist es offiziell: Der Bestechungs-Prozess gegen den ehemaligen Infineon-Chef Ulrich Schumacher wird eingestellt. Die Beweislage war zu dünn.

K. Ott u. Th. Riedl

Das Ende im wohl spektakulärsten Wirtschaftsprozess des Jahres in Deutschland wurde am Montag völlig unspektakulär angekündigt. Um genau fünf Minuten nach eins erklärte der Vorsitzende Richter Peter Noll im Verfahren gegen Ex-Infineon-Chef Ulrich Schumacher, der Hauptvorwurf der Bestechlichkeit sei nicht nachgewiesen worden. "Das kriegen Sie von uns schwarz auf weiß, Herr Schumacher."

Ulrich Schumacher, Infineon, Prozess, dpa

Kommt ohne Verurteilung davon: Ex-Infineon-Chef Ulrich Schumacher.

(Foto: Foto: dpa)

Am Mittwoch wird das Verfahren eingestellt, darauf haben sich die Prozessparteien bereits geeinigt. Im Verlauf des Rechtsstreits gab es viele Einblicke in die Führungsetage eines Dax-Konzerns in besseren Tagen: in Schlemmereien etwa, Privatgärtner auf Firmenkosten - oder, wie es Infineon-Aufsichtsratschef Max Dietrich Kley bei seiner Vernehmung als Zeuge am Montag ausdrückte: in die "Hinterbleibsel einer feudalen Zeit".

Bestechlichkeit, Untreue, versuchten Betrug und Steuerhinterziehung warf die Staatsanwaltschaft Schumacher vor. Als Vorstandschef des Chipherstellers Infineon soll er Schmiergeld von einem Geschäftspartner angenommen haben. Motorsport-Vermarkter Udo Schneider habe sich so Gunst und Aufträge des wichtigsten Kunden sichern wollen. Er saß wegen Bestechung bereits eine Haftstrafe ab. Andreas von Zitzewitz, in der betreffenden Zeit Vorstandskollege von Schumacher bei Infineon, hatte zugegeben, Geld von Schneider genommen zu haben und wurde ebenso verurteilt. Da lag der Verdacht nahe, dass Schumacher auch etwas bekommen hatte. Zumal Schneider den ehemals "besten Freund" belastete. Der 51-jährige Schumacher aber sagte gleich zu Beginn: "Ich war nie käuflich."

Am Montag nun, dem 13. Verhandlungstag, stimmten Staatsanwaltschaft und Verteidigung zu, einen Schlussstrich zu ziehen. "Wir sind sehr erleichtert", sagten Schumachers Anwälte Hanns Feigen und Leonard Walischewski. "Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass unser Mandant nicht bestechlich ist." Von den Vorwürfen bleibt die Hinterziehung von Steuern bestehen. Schumacher wird voraussichtlich mit einer Geldzahlung in Höhe von 200.000 Euro davonkommen.

"Heute würde ich einiges anders machen"

Das kann der Manager verschmerzen, der nun eine chinesische Chipfirma führt. Schumacher dürfte nach dem Ende des Prozesses eine Abfindung von 2,6 Millionen Euro zustehen, die Infineon bislang wegen des Gerichtsverfahrens zurückbehalten hat. "Wir warten das Urteil ab", sagte ein Infineon-Sprecher.

Doch wenn Schumacher unschuldig ist, wieso hat Aufsichtsratschef Kley dann vor fünf Jahren entschieden, an Zitzewitz festzuhalten? Schumacher hatte vor der Aufsichtsratssitzung im März 2004, in der seine Entlassung beschlossen wurde, Kley eine eidesstattliche Versicherung Schneiders zukommen lassen. Zitzewitz habe Geld von ihm bekommen, schrieb Schneider darin. "Dieser Brief hat überhaupt keine Rolle gespielt", sagte Kley nun am Montag. Der Vorstand sei so zerstritten gewesen, dass er, Kley, nur die Wahl zwischen Schumacher und dessen drei Vorstandskollegen gehabt habe. Kley entschied sich gegen Schumacher und für Zitzewitz, Peter Bauer, heute Vorstandssprecher von Infineon, und Peter Fischl, seinerzeit Finanzchef, die gemeinsam gegen Schumacher putschten.

Ein Vorwurf dieser drei Manager habe gelautet, so erinnerte sich Kley, dass ein Gärtner, der eigentlich für alle Vorstandsmitglieder angestellt worden sei, nur bei Schumacher arbeite. "Die Herren haben sich also nicht beschwert, dass auf Kosten der Firma ein Gärtner beschäftigt ist", sagte Richter Noll daraufhin, "sondern dass sie nicht ihr Stück abbekommen." Das passt ins Bild einer anderen Zeit. Im Prozessverlauf war bekannt geworden, dass Schneider, Zitzewitz und Schumacher einmal bei einem Festmahl Kaviar für 2618 Mark verspeist hatten - auch auf Firmenkosten. "Ich war damals noch recht jung", hatte Schumacher zu Prozessbeginn erklärt. "Heute würde ich einiges anders machen."

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