Schuldenkrise:Wie Europa Spanien vor der Pleite retten kann

Die Krise in Spanien eskaliert. Sogar der Finanzminister des Landes gibt nun offen zu, dass das Land kein Geld mehr von den Finanzmärkten bekommt. Eine europäische Bankenunion soll die Lage entspannen. Kann das funktionieren?

Harald Freiberger und Alexander Hagelüken

Ein Finanzminister macht sich ehrlich: Bei den derzeitigen hohen Zinsen von weit über sechs Prozent könne sich Spanien nicht mehr am Kapitalmarkt finanzieren, erklärte der Madrider Amtsinhaber Cristóbal Montoro am Dienstag. Der Euro fiel darauf in Richtung 1,24 Dollar. Und immer noch ist ungeklärt, woher das Geld kommen soll, um den angeschlagenen Banken des Landes eine Kapitalspritze von bis zu 100 Milliarden Euro zu verabreichen. Die Probleme der europäischen Banken lassen sich nicht länger nur national lösen, befinden immer mehr Ökonomen. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel lässt erstmals Sympathie für eine europaweite Aufsicht über die Geldhäuser erkennen. Was bringen die einzelnen Vorschläge zu einer Bankenunion? Und wie schnell lassen sie sich überhaupt realisieren? Eine Übersicht.

Coal miners stand behind a barricade which they set up on motorway A-66 to protest against government spending cuts in the mining sector in Vega del Rey

Protest in Oviedo: Spanische Minenarbeiter demonstrieren gegen die Sparpolitik der Regierung.

(Foto: Reuters)

EU-weite Bankenaufsicht

Damit verbindet sich zum Beispiel die Hoffnung, dass eine zentrale Aufsicht grenzüberschreitende Probleme schneller erkennt. Und dass sie Geldhäuser härter zur Sanierung zwingt, weil sie keine Rücksichten nimmt wie manchmal nationale Aufseher und Regierungen. Im Fall der spanischen Banken hätte eine EU-weite Aufsicht vielleicht schneller eine Offenlegung der faulen Kredite gefordert, die Geldhäuser jetzt zu strangulieren drohen. Der Vorschlag einer zentralen Aufsicht ist denn auch von allen Ideen zu einer Bankenunion am wenigsten umstritten. Unterschiede gibt es bei der Frage, welche Institute darunter fallen sollen: Nur die 25 größten wegen ihrer internationalen Geschäfte, wie es der deutsche Notenbanker Jörg Asmussen vorschlägt - oder viel mehr? Merkel sprach von den "systemischen Banken".

Hans-Peter Burghof, Banken-Professor an der Universität Hohenheim, findet eine europaweite Aufsicht gerade für international vernetzte Banken dringend nötig. "Kleinere Institute wie Sparkassen und Volksbanken sollten dagegen unter nationaler Aufsicht bleiben", sagt er. Auch Christoph Kaserer, Professor für Kapitalmärkte an der TU München, sagt: "Wenn man alle europäischen Banken unter eine zentrale Aufsicht stellt, droht ein Bürokratiemonster, das am Ende nichts bewirkt." Für eine Bankenunion müssten auch einige Gesetze geändert werden, um die Rechtsgrundlagen zu schaffen. Und manche Expertin zweifelt an der Zentralität: "Es ist die Frage, ob etwa die Europäische Zentralbank als zentrale europäische Bankenaufsicht lokale Probleme wirklich besser adressieren kann als nationale Behörden", sagt die neue Chefin der Finanzaufsicht Bafin, Elke König. Zunächst müsse die vereinbarte Fiskalunion umgesetzt werden, um die Haushalte der Staaten in Ordnung zu bringen. Erst danach könne man über eine Bankenunion nachdenken.

Sicherung der Ersparnisse

Die EU-Kommission holt alte Pläne aus der Schublade, die eine gemeinsame Einlagensicherung in Europa vorsehen. Damit würden künftig deutsche, französische oder italienische Banken gemeinsam für Konten der Europäer haften. Der Vorteil: Der Kunde in einem angeschlagenen Euro-Staat kann sich darauf verlassen, dass er sein Geld im Krisenfall auch wirklich bekommt. Für Sparer in Spanien oder Italien würde der Anreiz sinken, ihre Konten zu räumen. Der Nachteil: Solide Banken müssen für wacklige Geldhäuser mithaften - und warum sollten sie das tun? Ökonomen befürchten eine negative Anreizwirkung. Sie verweisen darauf, dass spanische Banken schon beginnen, Einlagen in Schuldscheine umzuwandeln, um keine Einlagensicherung finanzieren zu müssen.

Wie kann Europa Banken abwickeln?

Ein starkes Argument für eine Bankenunion ist, dass es bisher keine Möglichkeit gibt, große Banken pleitegehen zu lassen. Wegen ihrer Bedeutung für das Finanzsystem müssen sie gerettet werden - auf Kosten der Steuerzahler. Ein eigenes Insolvenzrecht für Banken gibt es zwar in Deutschland, nicht aber in anderen Ländern. Deshalb will EU-Kommissar Michel Barnier dazu an diesem Mittwoch einen Richtlinienentwurf vorlegen. Er soll es möglich machen, dass schwache Banken rechtzeitig umstrukturiert und notfalls geordnet abgewickelt werden. Dazu sollen die nationalen Aufseher Manager in Krisenbanken schicken können, die dort durchgreifen. "Werden die Risiken vergemeinschaftet, braucht die Aufsicht auch Macht über die nationalen Institute", sagt Professor Burghof. Sei das gesichert, könne das eine ideale Lösung sein, es funktioniere dann wie eine Steuer, die große, systemrelevante Banken für das Risiko zahlen lässt, dass sie später gerettet werden müssen.

Direkte Hilfen aus ESM

Der europäische Bankenrettungsfonds ESM ist bisher so konzipiert, dass der Staat, wenn er nicht selbst helfen kann, Kapitalhilfen beantragt und diese an seine notleidende Banken weiterleitet. Im Fall Spaniens taucht immer häufiger die Frage auf, ob das Geld aus dem ESM nicht direkt an die Banken gehen soll. Dafür ist zum Beispiel die EZB, weil der Prozess sonst zu lange dauere. Dagegen ist Deutschland, das fürchtet, dass deutsche Steuergelder im ESM direkt an spanische Banken durchgeleitet werden - womöglich auf Nimmerwiedersehen. "Eine schnelle, direkte Hilfe für Spaniens Banken wird immer akuter, es gibt keine Alternative dazu", sagt Professor Kaserer. Wenn man aber nebenbei die Institutionen für eine europäische Bankenunion aufbaue, wäre das eine Möglichkeit, mehr Einfluss auf das Krisenmanagement in Spanien zu nehmen. Langfristig führe daran kein Weg vorbei.

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