Schuldenkrise:Italiens Wirtschaft bricht ein

Dramatische Bruchlandung für die kränkelnde Industrie, herber Rückschlag für die gesamte Konjunktur: Italiens Wirtschaft bekommt die Folgen der Euro-Krise und des drastischen Sparkurses zu spüren. Die Verbraucher verlieren das Vertrauen, die Investoren sind verunsichert.

Der Montagmorgen hatte gut angefangen an den Börsen. Die Händler bejubelten, dass sich Spanien an den Rettungsschirm hängt. Kurse stiegen, der Dax legte zu. Doch die Freude währte nur kurz.

Schuldenkrise: Triste Tage in Rom: Italiens Wirtschaft bricht ein.

Triste Tage in Rom: Italiens Wirtschaft bricht ein.

(Foto: AFP)

Am Wochenende hatte Spanien bei der Eurogruppe einen Antrag auf Finanzhilfen für seine notleidenden Banken gestellt. Bis zu 100 Milliarden sollen aus dem Euro-Rettungsschirm an das Land fließen. Darauf hatten die Finanzmärkte lange gedrängt und die Regierung mit hohen Renditen auf spanische Staatsanleihen unter Druck gesetzt.

Doch am Nachmittag war die Entspannung schon wieder vorbei. Die Renditen auf zehnjährige Papiere aus Spanien stiegen sogar - sie lagen bei knapp 6,33 Prozent nach 6,25 Prozent am Freitag. Die technischen Details der Rettung sind noch unklar.

Industrieproduktion in Italien schrumpft massiv

Dazu kamen schlechte Nachrichten aus Italien. Das Statistikamt des Landes (ISTAT) bestätigte am Montag, dass die Wirtschaft Italiens in den ersten drei Monaten des Jahres um 0,8 Prozent geschrumpft ist. Für das gesamte Jahr rechnet die Behörde mit einem Rückgang von 1,3 Prozent.

Damit verliert Italiens Wirtschaft zum dritten Quartal in Folge an Boden. Und der Abstieg beschleunigt sich: Der jüngste Einbruch ist so drastisch wie seit drei Jahren nicht mehr. Im ersten Quartal 2009 hatte das Minus bei 3,5 Prozent gelegen.

Verantwortlich für den neuerlichen Rückgang waren laut Istat die Zurückhaltung der Verbraucher und Investoren: Der Konsum nahm demnach 0,6 Prozent ab, die Investitionen um 3,6 Prozent. Die Importe schrumpften demnach um 3,6 Prozent und die Exporte um 0,6 Prozent. Nach den Prognosen von Istat wird sich Italiens Wirtschaft erst in der zweiten Jahreshälfte wieder erholen.

Besonders dramatisch ist der Einbruch bei der Industrieproduktion in der drittgrößten Volkswirtschaft in der Eurozone. Sie ist im April auf saisonbereinigter Basis gegenüber dem Vormonat um 1,9 Prozent gesunken, deutlich stärker als erwartet. Gegenüber April 2011 brach die Produktion um 9,2 Prozent ein - einen ähnlich hohen Minuswert hatte die spanische Industrie in der vergangene Wochen gemeldet.

Nun wächst die Sorge, dass Italien der nächste Kandidat für den Rettungsschirm werden könnte. Analysten aus dem Hause Citi erwarten dies bereits. "Die Konjunktur ist zu Jahresbeginn eingebrochen, und der Reformwillen der italienischen Politik ist offensichtlich bereits wieder deutlich erlahmt", sagt auch Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen.

Finanzmärkte nehmen Rom wieder ins Visier

Die Rendite auf zehnjährige italienische Anleihen stieg am Montag zwischenzeitlich über die kritische Marke von sechs Prozent - je höher die Rendite liegt, für desto wahrscheinlicher halten die Märkte einen Zahlungsausfall. Über sechs Prozent lag dieser Wert zuletzt im Mai.

Italien unterm Rettungsschirm? Die Politik bestreitet dies vehement: "Italien hat in den vergangenen Monaten alles Nötige getan, um sich zu retten", sagt Industrieminister Corrado Passera am Montag vor Journalisten.

Italien ist eines der am höchsten verschuldeten Länder der Welt und leidet seit Jahren an einer chronischen Wachstumsschwäche. Die Regierung unter Mario Monti will mit hartem Sparkurs gegensteuern und verlorenes Vertrauen an den Finanzmärkten zurückgewinnen. Nach Berechnungen des britischen Economist ist die Wirtschaft Italiens in den Jahren 2001 bis 2010 pro Kopf gerechnet real gesunken - nur in zwei anderen untersuchten Ländern war das genauso: Haiti und Simbabwe.

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