Süddeutsche Zeitung

Schuldenkrise in Griechenland:Union schwenkt bei Griechenland-Rettung um

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Von Nico Fried und Cerstin Gammelin, Berlin

In der Union wächst offenbar die Bereitschaft zu einem bedeutenden Kurswechsel in der Rettungspolitik gegenüber Griechenland. Der Vorsitzende der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, Manfred Weber (CSU), plädiert dafür, nicht mehr auf einer Beteiligung des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu beharren. "Wenn der IWF auf einem Schuldenschnitt besteht, sollte man ihn ziehen lassen", sagte Weber der Süddeutschen Zeitung. "Europa kann jetzt auf eigenen Füßen stehen."

Der Vorstoß Webers, der sowohl das Vertrauen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) als auch von CSU-Chef Horst Seehofer genießt, könnte ein wichtiges Signal setzen. Denn der Europa-Politiker, der auch CSU-Vize ist, hebt sich damit ab von der bisherigen deutschen Position, dass der IWF unbedingt am laufenden dritten Kreditprogramm beteiligt sein müsse. Dafür hatten sich Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) stets eingesetzt.

Weber sagte, die Mitwirkung des IWF sei unter den bisherigen Bedingungen wegen dessen Expertise bei der Sanierung von hoch verschuldeten Staaten sehr sinnvoll gewesen. Nun aber hätten sich die Voraussetzungen geändert. So beharre der IWF als Bedingung für seine Mitwirkung auf einem Schuldenschnitt für Griechenland. "Das wäre extrem unfair gegenüber anderen europäischen Ländern, die den Konditionen ihrer Rettungsprogramme ohne Schuldenerleichterungen nachgekommen sind", sagte Weber mit Blick auf Spanien, Irland, Zypern und Portugal. Auch sei ein solcher Schritt gegenüber der Öffentlichkeit unter anderem in Deutschland nicht zu rechtfertigen. "Die Steuerzahler erwarten völlig zu Recht, dass Griechenland seine Schulden komplett zurückzahlt", sagte der EVP-Fraktionschef.

In der CDU/CSU-Bundestagsfraktion deutet sich ebenfalls ein Umdenken an. "Für uns ist wesentlich, dass Griechenland seine Zusagen und strukturellen Reformen umsetzt", sagte Ralph Brinkhaus, Vize-Fraktionschef. Viele Abgeordnete der Union hatten 2015 ihre Zustimmung zum laufenden dritten Programm wegen Bedenken gegen die Rettungsversuche von der Zusage der Bundesregierung abhängig gemacht, dass der IWF sich im Verlauf des Programms beteiligen werde. Dazu sagte EVP-Fraktionschef Weber: "Man kann nicht gleichzeitig für den IWF sein und gegen einen Schuldenschnitt." Er verwies zudem darauf, dass die USA im IWF als größter Anteilseigner des Fonds über entscheidenden Einfluss verfügen. Damit sei man nach dem Machtwechsel in Washington aber auf die Kooperationsbereitschaft des neuen US-Präsidenten Donald Trump angewiesen.

Während der frühere Präsident Barack Obama sich für Athen und den Bestand der Euro-Zone eingesetzt hatte, äußerte Trump jüngst in einem Interview die Erwartung, dass die Europäische Union auseinanderfallen werde. Das dritte Kreditprogramm umfasst 86 Milliarden Euro, die vom Rettungsfonds ESM über drei Jahre gegen Reformen ausgezahlt werden. Der IWF ist bisher nicht beteiligt, trotz intensiver Verhandlungen.

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SZ vom 16.02.2017
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