Schuldenkrise in Griechenland:Griechische Regierung billigt Spargesetz

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Die erste Hürde ist genommen: Die Regierung in Athen hat das umstrittene neue Sparpaket gebilligt, das Griechenland vor der drohenden Staatspleite retten soll. Das Kabinett machte damit den Weg für die Abstimmung im Parlament frei - eine zweite Hürde, die deutlich höher einzuschätzen ist, zumal der Chef der nationalistischen LAOS-Partei ankündigte, nicht für das Paket stimmen zu wollen. In Athen demonstrierten unterdessen Tausende gegen das Sparpaket - nicht alle blieben friedlich.

Der griechische Ministerrat hat das neue Sparpaket für die Rettung Griechenlands vor dem Bankrott gebilligt. Das griechische Parlament kann nun wie geplant am Sonntagabend zur entscheidenden Abstimmung über das Sparprogramm zusammenkommen.

Die Billigung des Sparprogrammes ist eine der Voraussetzungen für weitere Hilfen von Seiten der Europäischen Union und des Internationalen Währungsfonds (IWF). Kommt das Sparpaket in Höhe von 130 Milliarden Euro nicht zustande, droht Griechenland bis zum 20. März die Staatspleite.

Vor der Zustimmung durch den Ministerrat war es am Freitag zum Eklat gekommen, als der Chef der griechischen Nationalistenpartei LAOS angekündigte, bei der Abstimmung über weitere Sparmaßnahmen am Sonntag nicht mitzustimmen. Er werde das mit der EU, EZB und IWF vereinbarte Paket im Parlament nicht mittragen, sagte Giorgos Karatzaferis auf einer Pressekonferenz in Athen. Am Donnerstagabend hatte es nach stundenlangen Verhandlungen noch geheißen, Karatzaferis habe zugestimmt, die Forderungen der Geldgeber zu erfüllen.

"Ich habe den anderen Parteiführern erklärt, dass ich diesem Kreditabkommen nicht zustimmen kann", sagte Karatzaferis zu seiner Absage. Er warf insbesondere den Deutschen vor, alleine die EU zu regieren, "weil sie ein dickes Portemonnaie haben". Bundeskanzlerin Angela Merkel bezichtigte er der Herrschsucht. "Die Europäische Union leidet unter Deutschland", sagte Karatzaferis.

Neben LAOS tragen auch die sozialistische Pasok und die konservative Nea Demokratia die Übergangsregierung des parteilosen Bankers Lukas Papadimos mit. Zusammen verfügen sie über eine Zweidrittelmehrheit. Auch ohne die 16 Stimmen von LAOS können sie das Sparpaket trotzdem verabschieden.

Mehrere Regierungsmitglieder treten zurück

Karatzaferis hat jetzt den Konsens aufgekündigt, die Sparmaßnahmen von möglichst vielen Abgeordneten tragen zu lassen, um ihnen größtmögliche Legitimation im Land zu verschaffen. Nach dem Rücktritt des Sozialisten Giorgos Papandreou im November 2011 hatte sich auch LAOS bereiterklärt, die neue Regierung zu stützen. Nun folgt er der drittstärksten Kraft, den Kommunisten, in die Verweigerung. Er forderte auch, die Regierung von Papadimos umzubilden.

Drei ranghohe LAOS-Mitglieder verließen die Regierung gar komplett: Der Verkehrsminister sowie die Vizeminister für Landwirtschaft und für die Handelsmarine traten am Freitag zurück. "Ich kann nicht in der Regierung bleiben nach den jüngsten Entwicklungen", erklärte der stellvertretende Landwirtschaftsminister Asterios Rontoulis schriftlich. Auch der Vizeaußenminister von der Pasok trat zurück. Am Donnerstag hatte bereits sein Parteikollege, der stellvertretende Arbeitsminister Yannis Koutsoukos, sein Amt niedergelegt. Auch in der sozialistischen Partei brodelt es. 35 Abgeordnete haben Änderungen am Sparprogramm verlangt.

Die Mehrparteien-Koalition soll bis zu den Wahlen im Frühjahr die von IWF, EU-Kommission und EZB geforderten Reformen auf den Weg bringen. Dazu fordert die Troika die verbindliche Zusage aller in der Regierung vertretenen Parteien, dass sie das Sparpaket tragen. Nur dann soll das Land neue Hilfsmilliarden bekommen, um eine bereits im März drohende Staatspleite abzuwenden. Am Donnerstagabend hatten die Euro-Finanzminister von den griechischen Parteichefs verlangt, mit ihren Unterschriften zu garantieren, die Reformen auch nach den Wahlen im Frühjahr durchzudrücken.

Papadimos verspricht Ende der Rezession

In seinem Statement griff Karatzaferis einen Vertreter der internationalen Geldgeber sogar persönlich an. Der Leiter der IWF-Mission in Griechenland, Poul Thomsen, solle zur unerwünschten Person erklärt werden. "Wenn es vorangehen soll, muss Poul Thomsen zur Persona non grata in Griechenland werden", sagte er.

Auf der Straße macht die griechische Bevölkerung ihrem Ärger Luft - in friedlichen Demonstrationen und vereinzelten Krawallen: Bei einer Demonstration gegen die Sparpläne kam es im Zentrum Athens zu Zusammenstößen zwischen Autonomen und der Polizei. Rund 200 Gewaltbereite lösten sich aus der ansonsten friedlich demonstrierenden Masse und warfen Steine und Brandflaschen auf die Polizisten.

Die Ordnungshüter setzten Tränengas ein, um die Randalierer auseinanderzutreiben. Angaben zu Verletzten lagen zunächst nicht vor. Nach Schätzungen der Polizei waren etwa 11.000 Menschen auf den Straßen der Hauptstadt unterwegs, um gegen die harten Sparmaßnahmen zu demonstrieren. Aus Protest gegen das neue Sparprogramm haben die größten Gewerkschaftsverbände zu einem 48-stündigen Streik von Freitag bis Samstag aufgerufen.

Auf einer Krisensitzung des Kabinetts am Freitagabend versprach Ministerpräsident Lukas Papadimos den Griechen ein Ende der Rezession für das kommende Jahr, wenn jetzt die harten Sparmaßnahmen umgesetzt werden. 2013 werde dann der Aufschwung kommen, sagte er. Ein Staatsbankrott hingegen würde zu "wirtschaftlichem Chaos und sozialer Explosion" führen.

© Süddeutsche.de/Reuters/dapd/jab - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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