Süddeutsche Zeitung

Schuldenkrise:Euro-Länder entscheiden erst im Sommer über Griechenland-Hilfe

Das aktuelle Hilfsprogramm für Griechenland läuft offiziell im Juni aus. Wie es danach weitergeht, wollen die Finanzminister der Euro-Länder erst nach der Europawahl im Mai entscheiden.

Von Cerstin Gammelin, Brüssel

Die Euro-Länder wollen erst im Sommer, also nach der Europawahl im Mai, über weitere Finanzhilfe oder Erleichterungen des Schuldendienstes für Athen beraten. "Es gibt einfach keinen Grund, früher über ein neues Hilfsprogramm zu reden", sagte Jeroen Dijsselbloem, Vorsitzender der Euro-Gruppe, am Montag in Brüssel nach Beratungen der Euro-Finanzminister. Wenn die griechische Regierung zusage, die Verpflichtungen aus dem laufenden Reformprogramm zu erfüllen, werde sie weitere Raten aus dem Hilfsprogramm erhalten und "bis in den August hinein" ausreichend finanziert sein. "Also werden wir im August über die Zukunft reden." Ursprünglich wollten die internationalen Kreditgeber Griechenlands im April über weitere Finanzhilfe oder Schuldenerleichterungen zu entscheiden. Sie rechnen für 2014 mit einem Finanzloch von bis zu sechs Milliarden Euro sowie mit einer weiteren Milliarden-Haushaltslücke für 2015/16. Das aktuelle Hilfsprogramm läuft praktisch im Juni aus, der Internationale Währungsfonds (IWF) ist theoretisch noch ein Jahr länger dabei - wenn die griechische Regierung nachweisen kann, dass ihr Haushalt für mindestens zwölf Monate finanziert ist.

Bisher haben die Kreditgeber es vermieden zu erklären, dass diese Bedingung derzeit womöglich nicht erfüllt ist. Sollte Athen keine ausreichende Finanzierung nachweisen können, müsste der IWF aus dem Programm aussteigen - und mit ihm auch Deutschland sowie weitere Euro-Länder, die ihre finanzielle Hilfe an den Verbleib des Währungsfonds als Kreditgeber Griechenlands geknüpft haben.

Athen geht für 2013 von einem Haushaltsüberschuss aus

Um politische Turbulenzen um weitere Griechenland-Hilfen im Vorfeld der Europawahl vom 22. bis 25. Mai zu vermeiden, haben die Minister die Entscheidung über die Schuldentragfähigkeit Griechenlands nun auf August vertagt.

Dijsselbloem sagte, es seien die offiziellen Haushalts- und Schuldenzahlen abzuwarten, die das Europäische Statistikamt Eurostat im April veröffentlichen werde. Sollte die Regierung des konservativen Premierministers Antonis Samaras einen Haushaltsüberschuss erwirtschaftet haben, wollen die Kreditgeber prüfen, inwieweit dem Land die Schuldendienste erleichtert werden können. "Sie werden die Schulden und Zahlungen anschauen und entscheiden, ob das machbar ist", sagte ein hoher griechischer Diplomat.

Athen geht seit Monaten davon aus, dass es 2013 einen Haushaltsüberschuss erwirtschaftet hat, also weniger Geld ausgegeben als eingenommen hat. Dabei sind Zinsen, Tilgungen, aber auch Bankenhilfen nicht eingerechnet. Samaras hofft im Gegenzug auf geringere Zinsen und längere Laufzeiten der Notkredite.

Finanzminister Schäuble drängt auf die Erfüllung der Reformzusagen

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble forderte die griechische Regierung auf, ihre Reformzusagen zu erfüllen. "Dann kann die nächste Tranche ausbezahlt werden", sagte Schäuble am Rande des Treffens der Euro-Finanzminister. Die Regierung Samaras ist mit den versprochenen Strukturreformen seit September 2013 in Verzug. Die Reformen sollen helfen, den Standort attraktiver zu machen für neue Investoren, und langfristig dazu beitragen, die extrem hohe Arbeitslosigkeit abzubauen. Im November 2013 waren 28 Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung ohne Job.

Die Buchprüfer der Kreditgeber sind seit September ein ums andere Mal ergebnislos abgereist, weil die Fortschritte nicht ausreichten. Dijsselbloem kündigte in Brüssel an, die Buchprüfer würden in dieser Woche nach Athen zurückkehren. Ein positiver Bericht sei aber "nicht garantiert".

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SZ vom 18.02.2014/sks
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