Schuldenkrise:Erleichterung in Italien

Die Aktie der Unicredit wurde am Dienstag zeitweise vom Handel ausgesetzt, italienische Bankaktien verloren in den letzten Tagen massiv: Genau heute musste sich der italienische Staat neues Geld leihen - und das hat überraschend gut geklappt.

Die Märkte sind unruhig: Die Schuldenkrise könnte nach Griechenland, Irland und Portugal auch Italien ergreifen, fürchten die Anleger.

A view of the exteriors of Rome's ancient Colosseum

Das Kolosseum in Rom.

(Foto: REUTERS)

Die Zeichen standen in den vergangenen Tagen auf Sturm: Händler trennten sich massiv von Aktien. Der Dax rutschte am Dienstag zu Handelsbeginn kurzzeitig unter 7000 Punkte. Auch europaweit gaben die Börsenkurse auf breiter Front nach.

Die Aktienverkäufe gingen einher mit einem stark abwertenden Euro, der zu Dollar und Yen auf den tiefsten Stand seit vier Monaten abrutschte. Der Kurs lag bei etwa 1,40 Dollar. Vor einer Woche stand er noch bei 1,45 Dollar.

Besonders betroffen: die Börse in Mailand. Sie ist am Dienstag erneut abgestürzt. Vor allem die Aktien italienischer Banken verloren stark an Wert. Das größte italienische Finanzinstitut Unicredit, dem auch die deutsche HypoVereinsbank gehört, erlitt so große Verluste, dass das Papier zwischenzeitlich vom Handel ausgesetzt wurde.

In diesem schwierigen Umfeld nahm Italien neues Geld am Kapitalmarkt auf: In einer Auktion einjähriger Geldmarktpapiere nahm der italienische Staat 6,75 Milliarden Euro auf - allerdings zu deutlich höheren Zinsen als vor einem Monat. Die zu zahlende Rendite stieg von 2,147 Prozent bei einer Auktion im Juni auf 3,67 Prozent. Marktbeobachter sprachen angesichts der widrigen Umstände dennoch von einer recht gut verlaufenen Auktion. Die Kurse von Bankaktien legten nach der Auktion wieder leicht zu, ebenso wie die italienische Börse.

Italiens Regierung wehrt sich gegen ein Überschwappen der Euro-Schuldenkrise. Für Italien sei dies sicher kein leichter Moment, sagte Ministerpräsident Silvio Berlusconi. Alle politischen Kräfte seien aber zur Verteidigung des Landes bereit. Die im Parlament diskutierten Sparbeschlüsse würden den Abbau der Schulden beschleunigen. Bereits in diesem Jahr werde der Haushalt der Zentralregierung, in den etwa die Finanzen der Kommunen und Regionen nicht einfließen, deutlich ins Plus kommen. Die Krise zwinge das Land, den Korrekturprozess deutlich zu beschleunigen.

Schäuble: keine Panik, Spekulation werde zurückgehen

Die EU-Staats- und Regierungschefs könnten schon am Freitag zu einem Sondergipfel über die Schuldenkrise zusammenkommen, berichten Diplomaten in Brüssel. Der ständige EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy unterstützt einen EU-Sondergipfel zur Schuldenkrise. Er habe ein solches Treffen nicht ausgeschlossen, sagte Van Rompuy. Ein solches Treffen könne die Finanzmärkte beruhigen. EU-Währungskommissar Olli Rehn wollte ein solches Treffen auf einer Pressekonferenz zunächst nicht bestätigen. Die Lage an den Märkten entspannte sich am Dienstagnachmittag leicht.

Zwar hatten sich die Euro-Finanzminister in ihrer Marathonsitzung entschlossen dazu bekannt, die Schuldenkrise einzudämmen. Dazu sollen die Laufzeiten der Notkredite für Länder unter dem Rettungsschirm verlängert und die Zinsen gesenkt werden. Auch wird in Betracht gezogen, den befristeten Rettungsschirm zum Aufkauf von Altschulden zu ermächtigen. Konkrete Entscheidungen waren die Ressortchefs aber schuldig geblieben. Eine Einigung für ein zweites Rettungspaket für Griechenland ist ebenfalls nicht in Sicht.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) warnte im Deutschlandfunk davor, dass man in einer so nervösen Lage nicht Ansteckungsgefahren verstärken dürfe. Dementsprechend optimistisch äußerte er sich zu Italien: "Sobald das Parlament den Haushaltsentwurf beschließt, wird auch die Spekulation wieder zurückgehen."

Unruhe in den Markt bringt außerdem der Bankenstresstest - erste Ergebnisse sickern durch. Demnach würden einige europäische Banken bei einer neuen Finanzkrise in schwere Turbulenzen kommen.

Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn rät Italien zum Sparen. Dies sei der einzige Weg, auch wenn dadurch das ohnehin schon schwache Wachstum noch gedrosselt werde. "Italien muss aus dem Problem rausschrumpfen", sagte Sinn. Keinesfalls könne das Land von der EU gerettet werden. "Das ist nicht zu schaffen."

Sinn betonte aber, die Lage sei anders als etwa bei Griechenland, das wie Portugal und Irland bereits unter den EU-Rettungsschirm schlüpfen musste. Italien habe ein viel kleineres Leistungsbilanzdefizit und kaum Verschuldung im Ausland.

Italien ist die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone. Seit Ende vergangene Woche haben sich die Märkte auf das Land eingeschossen - die Risikoaufschläge für Anleihen steigen, die Aktienkurse fallen.

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