Süddeutsche Zeitung

65-Milliarden-Sparpaket:Beispiellose Einschnitte für alle Spanier

Es trifft Beamte, Arbeitslose und Immobilienbesitzer gleichermaßen: Spaniens Ministerpräsident Rajoy verordnet den Bürgern des Landes ein massives Sparpaket. Die Mehrwertsteuer wird um drei Punkte erhöht, die Arbeitslosenhilfe wird zusammengestrichen.

Die spanische Regierung hat zur Sanierung der Staatsfinanzen ein einschneidendes Maßnahmenpaket angekündigt, mit dem der Haushalt bis Ende 2014 um 65 Milliarden Euro entlastet werden soll. Regierungschef Mariano Rajoy kündigte vor dem Parlament in Madrid unter anderem an, die Mehrwertsteuer von derzeit 18 auf 21 Prozent zu erhöhen.

"Diese Maßnahmen sind für alle schmerzhaft", sagte der konservative Rajoy. "Es tut weh, dass die Einkommen sinken und die Steuern steigen, aber wir müssen es tun." Der verminderte Mehrwertsteuersatz werde von acht auf zehn Prozent steigen. Rajoy kündigte zudem eine Verwaltungsreform an, mit der die Regierung 3,5 Milliarden Euro einsparen will. Unter anderem soll die Zahl der Staatsunternehmen verkleinert werden. Beamte sollen dieses Jahr auf ihr Weihnachtsgeld verzichten, auch wird das Arbeitslosengeld für neue Arbeitslose gekürzt.

Spanien hatte bereits im Haushalt für 2012 beispiellose Sparmaßnahmen in Höhe von 27,3 Milliarden Euro verankert. Das Land verpflichtete sich aber zu weiteren Sparmaßnahmen, im Gegenzug erhält das Land von Brüssel ein Jahr Aufschub bis 2014, um das Staatsdefizit wieder unter den EU-Grenzwert von drei Prozent seiner Wirtschaftskraft zu drücken. Ende 2011 lag das Defizit bei 8,9 Prozent. Es soll nun dieses Jahr auf 6,3 Prozent sinken, 2013 auf 4,5 Prozent und 2014 auf 2,8 Prozent.

Die EU-Kommission begrüßte die von Rajoy angekündigten zusätzlichen Einsparungen. "Das ist ein wichtiger Schritt um sicherzustellen, dass die finanziellen Ziele für dieses Jahr erreicht werden können", sagte der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn in Brüssel.

Spanien steckt seit dem Platzen einer Immobilienblase im Jahr 2008 in der Krise. Seit dem ersten Quartal dieses Jahres befindet sich das Land wieder in der Rezession. Mehr als 24 Prozent der Spanier sind arbeitslos, das ist die höchste Quote aller Eurostaaten.

Ende Juni beantragte das Land offiziell Finanzhilfen der Eurozone für seinen angeschlagenen Bankensektor. In der Nacht zum Dienstag einigten sich die 17 Euro-Finanzminister grundsätzlich auf ein Hilfsprogramm für den spanischen Bankensektor. Die Vereinbarung sieht Finanzspritzen für die spanischen Banken in Höhe von bis zu 100 Milliarden Euro vor, die erste Rate über 30 Milliarden Euro soll bereits bis Ende Juli überwiesen werden. Bevor das Programm am 20. Juli endgültig beschlossen werden soll, müssen in Ländern wie Deutschland noch die nationalen Parlamente zustimmen.

Banken müssen sich zuerst selbst helfen

Der Rettungsplan sieht strenge Auflagen vor, wie aus der Vereinbarung über das Hilfsprogramm hervorgeht. Vor der Auszahlung von Notkrediten aus dem Euro-Rettungsfonds müssen demnach zunächst einmal die Geldhäuser und Investoren selbst einspringen. "Banken und ihre Aktionäre werden Verluste hinnehmen, bevor Staatshilfe gewährt wird", heißt es in dem sogenannten Memorandum of Understanding.

In Madrid demonstrierten am Mittwoch Tausende Bergarbeiter gegen die geplanten massiven Kürzungen bei der öffentlichen Förderung des Bergbaus. Sie trugen schwarze T-Shirts mit der Aufschrift "SOS Bergarbeiter vom Aussterben bedroht" und "Wir unterstützen den Kampf der Bergleute". Die Gewerkschaften sehen durch die Kürzungen der Subventionen um 63 Prozent rund 30.000 Arbeitsplätze in Gefahr.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1409446
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Süddeutsche.de/Reuters/dpa/infu/kat
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.