Schuhe: Ara-Vorstände im Gespräch:"Wir fangen nicht bei null an"

Die Vorstände der Schuhfirma Ara über Schuhmode im Krisensommer, die Zukunft der Marke Salamander - und die Fehler der ehemaligen Besitzer.

E. Dostert und S. Weber

Im Foyer des Firmensitzes der Ara AG in Langenfeld liegt schon Heft 142 von Lurchis Abenteuer aus. Die Geschichte des Salamanders geht weiter. Davon sind die Eigentümer des Familienunternehmens Ara überzeugt. Es hat Ende Februar aus der Insolvenzmasse des Luxusgüterkonzerns Egana-Goldpfeil zu einem nicht veröffentlichten Preis Salamander - Marken und Geschäfte - übernommen. Die Läden in Deutschland werden von dem Wuppertaler Händler Klauser geführt. Robert Röseler, geschäftsführender Gesellschafter der Ara-Gruppe, sein Schwiegersohn Tobias Zimmerer und Finanzchef Thomas Schmies über ihr neues Abenteuer und die Schuhmode in Krisenzeiten.

Ara Salamander; Foto:dpa

Eine starke Marke: Die Firma Ara will Salamander wieder auf dem Markt etablieren.

(Foto: Foto:dpa)

SZ: Meine Herren, auf welche Schuhmode müssen wir uns im nächsten Sommer einstellen?

Robert Röseler: Geprägte Leder, Schlangenimitate und Farbe.

SZ: Im Ernst? Schlange und Farbe, ist das wirklich der richtige Auftritt zur Finanz- und Wirtschaftskrise?

Röseler: Die Trends in der Schuhmode sind ja nicht unbedingt direkt korreliert mit der gesamtwirtschaftlichen Lage.

SZ: Die Sortimente der großen Anbieter werden immer ähnlicher. Warum?

Tobias Zimmerer: Keiner will was riskieren, weder die Hersteller und noch weniger die Händler. In Krisenzeiten schon gar nicht. Jedes Paar im Regal bindet Kapital. Schwarze oder braune Schuhe bergen weniger Risiko als gelbe.

Röseler: Wenn eine Farbe nicht läuft, kann man die Schuhe noch nicht einmal mehr zum Einstandspreis losschlagen. Dennoch sehen wir beim Kunden einen leichten Trend hin zu mehr Farbe und ausgefallenen Materialien. Die Hauptumsatzbringer sind aber nach wie vor schwarze und braune Schuhe.

SZ: Wie wirkt sich die Wirtschaftskrise auf Ihr Geschäft aus?

Thomas Schmies: 2008 haben wir die Erlöse der Ara-Gruppe, zu der auch die Firma Lloyd gehört, noch auf knapp 300 Millionen Euro steigern können. Das operative Ergebnis ist allerdings leicht gesunken.

SZ: Warum haben Sie weniger verdient?

Schmies: Das lag weniger an der Wirtschaftskrise, sondern eher daran, dass wir verstärkt in noch bessere Rohmaterialien sowie in die Stärkung der Konzernmarken investiert haben. Wir haben mehr Geld für Marketing ausgegeben und neue Marken-Stores eröffnet, sowohl bei Ara als auch Lloyd. Beides kostet Geld, zahlt sich aber langfristig aus.

SZ: Was erwarten Sie für dieses Jahr?

Schmies: Insgesamt rechnen wir mit einem leichten Umsatzrückgang auf vergleichbarer Basis. Zusammen mit den Auslandsbeteiligungen des Salamander-Konzerns dürften wir allerdings dennoch auf etwa 400 Millionen Euro Umsatz kommen. In vielen Ländern laufen die Geschäfte derzeit noch relativ gut, auch in Deutschland. Die Leute sparen momentan lieber bei langlebigen Konsumgütern. In Osteuropa ist der Markt allerdings stark eingebrochen.

SZ: Woran liegt es?

Schmies: Neben der geringeren Nachfrage vor allem an den verschlechterten Wechselkursrelationen. Russische Händler beispielsweise bezahlen ihre Lieferanten und die Miete häufig in Euro, aber verkauft werden die Schuhe in Rubel. Das läuft in anderen Ländern Osteuropas ähnlich und hat viele Marktteilnehmer in die Bredouille gebracht.

SZ: In schlechten Zeiten floriert das Geschäft der Discounter, sagt man. Werden Sie die Preise senken?

Röseler: Ganz sicher nicht.

SZ: Wie teuer sind Ihre Schuhe im Laden?

Zimmerer: Das Gros kostet zwischen 69 und 89 Euro für Damen-Halbschuhe. Die meisten Schuhe in Deutschland werden aber für unter 49 Euro verkauft. Das ist gerade mal unsere Einstiegspreislage.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, was sich die neuen Besitzer von der Marke Salamander versprechen.

Gutes Image von Salamander

SZ: An Ihrem Neuerwerb Salamander sind vor Ihnen schon viele gescheitert: der Stromkonzern EnBW, die Schuh-Einkaufsgenossenschaft Garant, der Luxusgüter-Konzern Egana-Goldpfeil. Warum tun Sie sich so einen Sanierungsfall an?

Ara-Vorstand; Foto: oh

Der Ara-Vorstand (v.l.): Tobias Zimmerer, Finanzchef Thomas Schmies und Geschäftsführer Robert Röseler.

(Foto: Foto: oh)

Röseler: Das ist kein Sanierungsfall. Salamander und Lurchi sind tolle Marken. Salamander ist fast so bekannt wie Puma und Adidas. Salamander ist quasi ein Synonym für Schuhe. So viel öffentliche Aufmerksamkeit wie nach dieser Transaktion hatten wir noch nie.

Zimmerer: Das Image von Salamander hat trotz der ganzen Turbulenzen kaum gelitten. Das gilt auch für Lurchi. Sie können sich nicht vorstellen, wie viele Lizenzanfragen für Lurchi wir schon seit dem Einstieg bekommen haben. Die werden wir sorgfältig prüfen.

SZ: Aber was macht Sie so sicher, dass Sie nicht an Salamander scheitern?

Röseler: Wir sind Schuh-Experten. Das waren die anderen nicht. EnBW versteht was vom Strom...

SZ: ... aber Garant verstand doch etwas vom Schuhgeschäft.

Röseler: Garant ist eine europäische Verbundgruppe, die für die angeschlossenen Schuhhändler Bank-, Beratungs- und sonstige Dienstleistungen erbringt.

SZ: Und Egana-Goldpfeil?

Röseler: Aus unserer Sicht war die Spannbreite bei Egana zu groß und es wurde vom Uhrenhersteller bis zur Porzellanmanufaktur zu viel in zu kurzer Zeit hinzugekauft. Vom Schuhgeschäft glauben wir mehr zu verstehen. Deswegen konzentrieren wir uns ausschließlich auf diesen Bereich.

SZ: Wenn Salamander so attraktiv ist, warum haben Sie nicht früher zugegriffen?

Röseler: Zu teuer. Früher hingen da noch Immobilien und veraltete Produktionsstandorte dran. In den vergangenen Jahren wurde Salamander von den vorigen Eigentümern kräftig abgespeckt. Da liegen keine allzu großen Leichen mehr im Keller.

SZ: Was haben die Vorbesitzer falsch gemacht?

Zimmerer:Die haben sich unter anderem nicht um die Marken gekümmert beziehungsweise kümmern können. Der normale Fachhändler hatte in den vergangenen Jahren ja gar keine Chance, Schuhe der Marken Salamander und Lurchi zu bekommen. Das muss sich ändern. Man kann mit diesen Marken Geld verdienen. Wir werden Salamander und Lurchi revitalisieren.

SZ: Und wie?

Zimmerer: Mit eigenen Kollektionen.

SZ: Wie lange brauchen Sie dafür?

Zimmerer: Etwa ein Jahr. Für Herbst/Winter 2010/2011 werden wir dem Fachhandel unsere erste Kollektion Salamander und Lurchi anbieten.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum die Hersteller für die Produktion nach Äthiopien ausweichen.

Äthiopien als Standort

SZ: Wo werden die produziert?

Röseler: Wir werden mit Sicherheit Teile der Kollektion selber herstellen und einen Teil produzieren lassen.

SZ: Viele Anbieter arbeiten nur noch mit Lohnunternehmen zusammen. Warum lohnt sich die Produktion für Sie?

Zimmerer: Weil wir ständig neue Standorte suchen und alte schließen, wenn sie zu teuer werden. Wir bauen gerade für 1,5 Millionen Euro ein neues Werk in Äthiopien auf und schließen ein weiteres Werk in Portugal. Die Optimierung der Produktionsstandorte ist ein ständiger Prozess, wenn man irgendwann mal eine Phase verschläft, so wie das Salamander gemacht hat, wird es ziemlich teuer.

SZ: Wieso ausgerechnet Äthiopien?

Röseler: Wir müssen da sein, wo die Rohmaterialien sind. Früher haben wir Rohstoffe aus Indonesien bezogen, die dann mit hohen Exportzöllen belegt wurden. Deshalb haben wir dann eine eigene Produktion in Indonesien aufgebaut. Das Gleiche läuft nun in Äthiopien. Wir können dort sehr günstig Leder beziehen, wenn wir es dort auch verarbeiten.

SZ: Werden Sie Läden schließen?

Schmies: Nein, an der Zahl der Läden wird sich in den nächsten beiden Jahren nicht viel ändern. Übliche Umschichtungen im Filialbestand wird es eventuell hier und dort geben, zum Beispiel wenn Mietverträge auslaufen.

SZ: Warum haben Sie die 50 Salamander-Geschäfte im Inland an die Klauser-Gruppe abgegeben?

Zimmerer: Der deutsche Markt war für Salamander in den vergangenen Jahren anerkanntermaßen der schwierigste, weil die Deutschen sind extrem preissensitiv und nirgendwo ist der Konkurrenz größer. Deshalb haben wir entschlossen, die deutschen Salamander -Läden an Klauser abzugeben, einer der größten deutschen Händler.

SZ: Wie wollen Sie denn die Händler dazu bewegen, Salamander wieder ins Sortiment aufzunehmen? Die Regale waren ja auch in den vergangenen Jahren nicht leer.

Zimmerer: Das ist klar. Wenn heute ein Hersteller wegfällt, vermisst ihn keiner. Da rückt sofort ein anderer nach. Aber der Handel braucht starke Marken, und das sind Salamander und Lurchi.

SZ: Wie lange brauchen Sie, um ihre neuen Marken wieder im Fachhandel zu etablieren?

Röseler: Fünf Jahre. Wir haben Zeit.

SZ: Wie viel wollen Sie in den nächsten zwei Jahren in die Marke und die Kollektion Salamander investieren?

Röseler: Einen Betrag in einstelliger Millionen-Höhe. Wir fangen nicht bei Null an.

SZ: Wie finanzieren Sie die geplanten Investitionen?

Schmies: Größtenteils aus eigener Kraft, auch der Kauf erfolgte aus Cash-Reserven. Wir würden nichts machen, woran wir uns verschlucken könnten. Wir denken in Anbetracht der niedrigen Zinsen aber schon darüber nach, uns ein paar langfristige Finanzierungsmittel zu sichern.

SZ: Wie lange brauchen Sie um den Kaufpreis für Salamander zu verdienen?

Schmies: Sicher keine Ewigkeit. Salamander ist insgesamt jetzt schon profitabel, kann aber noch profitabler werden. Die Auslandstöchter arbeiten weitgehend selbstständig und gut. Das soll so bleiben. Und auch für die Filialen und die Mitarbeiter im Inland bietet sich durch die Übernahme seitens Klauser eine sehr gute Zukunftsperspektive.

SZ: Gibt es ein Ausstiegsszenario, falls Salamander doch nicht läuft?

Röseler, Zimmerer, Schmies (unisono): Nein!

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