Schufa:Probieren wir's mal in Hessen

Bonität: Überprüfung der eigenen Daten schützt vor Überraschungen

Zunächst hatte die Schufa das Projekt "Schufa Check Now" bei den Landesdatenschützern in Bayern vorgestellt. Als viel Kritik aufkam, wurde sie auch bei der Behörde in Hessen vorstellig.

(Foto: Franziska Koark/dpa)

Die Auskunftei Schufa plant einen neuen Anlauf für ein umstrittenes Datenprojekt. Deutschlands oberster Verbraucherschützer ist empört.

Von Nils Wischmeyer, Köln

Wenn Kinder unbedingt fernsehen möchten, müssen sie meistens erst einmal Mama oder Papa fragen. Schon im frühen Alter lernen die meisten dabei relativ schnell einen Trick: Wenn einer "Nein" sagt, kann man ganz unschuldig immer noch den zweiten Elternteil fragen und sich so seinen Wunsch womöglich erschleichen. Kinderleicht ist das.

Was für Kinder gilt, sollte im Geschäftsleben eigentlich nicht an der Tagesordnung sein, besonders dann nicht, wenn es um die Interessen von vielen Millionen Verbrauchern geht. Das ist aber bei Auskunfteien der Fall - zum Nachteil der Verbraucher, wie Datenschützer fürchten.

Wie das in der Praxis aussieht, zeigt der aktuelle Fall von "Schufa Check Now", einem Projekt der größten Auskunftei Deutschlands. Nach Informationen von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung will die Schufa ihr äußerst umstrittenes Projekt, bei dem sie Konten der Deutschen durchstöbern und analysieren will, nun auch von einer zweiten Landesdatenschutzbehörde prüfen lassen. Zunächst hatte die Schufa das Projekt "Schufa Check Now" im November bei den Landesdatenschützern in Bayern vorgestellt. Erst als die Berichte der drei Medien viel Kritik aufwirbelten, wurde sie auch bei der Behörde in Hessen vorstellig. Die gilt allgemein als unternehmensfreundlicher und hat sich bei heiklen Vorhaben bereits auf die Seite der Auskunfteien geschlagen. Zuletzt wollte sie etwa erlauben, dass Auskunfteien die Daten von wechselfreudigen Strom- und Gaskunden sammeln dürfen, was die meisten Datenschutzbehörden ablehnten.

"Diese Art von Rosinenpickerei ist völlig inakzeptabel."

Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands, ist empört über den Schritt. "Ein solches Verhalten der Schufa wäre überaus dreist. Erst plant sie eine ziemlich umfassende Datenschnüffelei über eine Tochterfirma in Bayern. Und nun versucht sie offenbar, sich das Ganze von dem Datenschutzbeauftragten genehmigen zu lassen, bei dem sie sich die größten Chancen verspricht", sagte Müller. "Diese Art von Rosinenpickerei ist völlig inakzeptabel." Der Vorgang belege, so Müller, wie "ernst es die Schufa offensichtlich mit ihren Schnüffelabsichten meint".

Die Schufa wiegelt ab. So sei die Geschäftstätigkeit einer Tochterfirma, die die Daten auslesen sollte, in Bayern vorgestellt worden. "Wegen des Zusammenspiels mit der Schufa" wurde der hessische Datenschutzbeauftragte "im Nachgang mit gleicher Post informiert", schreibt ein Sprecher.

Tatsächlich ist in Deutschland formal die Behörde zuständig, in der das Unternehmen sitzt oder die Datenverarbeitung stattfindet. Bei "Schufa Check Now" könnte das sowohl Bayern sein, wo die Tochter Finapi sitzt, die die Daten ausliest, oder aber die Schufa selbst, die in Wiesbaden daheim ist. Da die Behörde in Hessen zunächst nicht informiert wurde, liegt der Verdacht nahe, dass die Schufa das Projekt eigentlich nur in Bayern prüfen lassen wollte und erst nach der heftigen Kritik von Verbraucher- und Datenschützern auch in Hessen vorstellig geworden ist.

"Für den Verbraucher ist es eine Katastrophe"

Unüblich ist ein solcher Schritt laut Thilo Weichert nicht. Er war von 2004 bis 2015 Datenschutzbeauftragter des Landes Schleswig-Holstein und sagt, es sei "ganz offensichtlich", dass gerade große Unternehmen mit vielen Standorten ihre Hauptverwaltung dorthin legen würden, wo die Aufsichtsbehörden ihnen gewogen sind. "So ist zum Beispiel ganz offensichtlich, dass die Schufa sich in Hessen sehr, sehr wohlfühlt, weil dort die Aufsichtsbehörde sehr entgegenkommend ist und im Prinzip das meiste durchwinkt", so Weichert. Die Behörde wollte sich dazu nicht äußern.

Er hält dieses Vorgehen, das so offenbar seit vielen Jahren praktiziert wird, für äußerst problematisch. So schlussfolgert der ehemalige Datenschutzbeauftragte: "Für den Verbraucher ist es eine Katastrophe." Verbraucherinnen fänden so keinen Rechtsschutz und müssten damit leben, dass es in einem solchen System schwieriger sei, die eigenen Rechte durchzusetzen, befürchtet Weichert.

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