Banken:Geplatzte Fusion bringt Olaf Scholz in Erklärungsnot

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) im Deutschen Bundestag

Es bleibt das Geheimnis von Olaf Scholz, wie Deutschland nun noch zu den konkurrenzfähigen Megainstituten kommen soll, die er sich gewünscht hat.

(Foto: Kay Nietfeld/dpa)
  • Die Gründung einer deutschen Megabank wurden nun zu den Akten gelegt. Das bringt Scholz in eine heikle Lage - zumal er sich extra Expertise in sein Haus geholt hatte.
  • Nun ist in Berlin sogar der Ruf nach einem Untersuchungsausschuss zu hören; öffentlich fordern mag man ihn allerdings noch nicht.
  • Scholz selbst gibt sich wortkarg.

Von Cerstin Gammelin

Olaf Scholz pflegt diese Masche mit den kurzen und den langen Antworten. Wer den Finanzminister in den vergangenen Wochen zur Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank befragen wollte, bekam entweder ein schmales Lächeln - Sie wissen doch, dass ich nichts sage! - oder einen bedeutungsschwangeren Satz zu hören: Ich informiere mich stets so umfassend wie möglich, um dann, wenn die Zeit für eine Entscheidung reif ist, den richtigen Entschluss zu fassen. Aha.

Seit diesem Donnerstag ist klar: Scholz hat nichts mehr zu entscheiden. Die Chefs der beiden Banken haben ihre Gespräche über eine Fusion abgebrochen. Sie haben die Gründung einer deutschen Megabank zu den Akten gelegt.

Der zuständige Finanzminister erhält die offizielle Nachricht im nachösterlichen Urlaub; er hält es nicht für nötig, diesen zu unterbrechen - obwohl der deutsche Staat mit immerhin 15 Prozent an der Commerzbank beteiligt ist. Scholz schickt drei dürre Sätze nach Berlin.

"Deutsche Industrie braucht konkurrenzfähige Kreditinstitute"

Er sagt nicht, ob er den Abbruch bedauert oder ob er eine neue Strategie für den deutschen Bankenmarkt hat. Das wäre naheliegend, weil Scholz erklärtermaßen Standortpolitik betreiben will. Nein, Scholz weist darauf hin, dass er seinen Plan weiter für richtig hält, dass der Exportweltmeister Deutschland zu Hause Megabanken braucht. "Die global agierende deutsche Industrie braucht konkurrenzfähige Kreditinstitute, die sie in aller Welt begleiten können", erklärt er.

Es bleibt sein Geheimnis, wie Deutschland nun noch zu diesen konkurrenzfähigen Megainstituten kommen soll. Deutsche Bank und Commerzbank wollen künftig ja weder fusionieren noch kooperieren. Statt einen Weg zu weisen, lässt er wissen, dass solche Kooperationen nur Sinn machten, "wenn sie sich betriebswirtschaftlich rechnen und auf ein belastbares Geschäftsmodell zusteuern".

Das Ende der Fusionsgespräche bringt Scholz in eine heikle Lage. Er hat sich verkalkuliert, personell und strategisch. Was nun? Der Bundesfinanzminister wird offenlegen müssen, welche Rolle sein Staatssekretär Jörg Kukies bei den Fusionsgesprächen gespielt hat. Kukies ist im Bundesfinanzministerium für den Finanzmarkt und Banken zuständig.

Scholz hatte den Genossen eigens wegen dessen Expertise in sein Haus geholt - Kukies hatte bis 2018 über viele Jahre Karriere bei der Investment-Bank Goldman Sachs gemacht, zuletzt als Deutschland-Chef. Er kennt sich also aus mit Banken und damit, wie diese aufgestellt sein müssen, um Gewinne zu erwirtschaften. Deshalb hat er in seiner Branche gut verdient.

"Die Debatte hat auch Olaf Scholz verkorkst"

In Berlin ist am Donnerstag sogar der Ruf nach einem Untersuchungsausschuss zu hören; öffentlich fordern mag man ihn noch nicht. Es ist die Frage zu beantworten, ob Scholz Kukies' Expertise geholt hat, weil absehbar war, dass die beiden Banken wieder miteinander reden wollten. Oder ob der Staatssekretär seinem Minister die Fusion nahegelegt hat.

Dass Scholz erklären soll, welchen Anteil sein Ministerium an den Fusionsgesprächen hatte, daran lassen Bundestagsabgeordnete und Gewerkschaften keinen Zweifel. Ein Segen, Sieg der Vernunft, Ende der Eskapaden, heißt es einerseits. Den Jubelrufen über das Ende der Fusionsgespräche folgt aber harsche Kritik.

Niemand habe erklären können, warum eine noch größere Risikobank Sinn gemacht hätte, sagt die Finanzexpertin der Grünen, Lisa Paus: "Die Debatte hat auch Olaf Scholz verkorkst." Scholz und Kukies stünden nun "wie der Kaiser ohne Kleider da", sagt Fabio De Masi, Vize-Fraktionschef der Linken im Bundestag. Die Nachteile eines Zusammenschlusses hätten deutlich überwogen, sagt auch Verdi-Chef Frank Bsirske. "Ein solcher Schritt hätte Zehntausende von Arbeitsplätzen gefährdet."

Es wird nun nicht zu Filialschließungen und zum Verlust vieler Jobs kommen, jedenfalls vorerst. Zumindest das ist für Scholz eine gute Nachricht - niemand wird ihm in den anstehenden Wahlkämpfen vorwerfen können, der SPD sei der kleine Schalterangestellte egal gewesen. Langfristig allerdings werden Jobs sicher abgebaut, die Branche ist im Umbruch, das digitale Geschäft wächst. Die Banken in Deutschland sind auch deshalb vergleichsweise unrentabel, weil sie sehr viele Mitarbeiter beschäftigen.

Das große Problem aber bleibt. Die Deutsche Bank ist in einem Abstiegskampf, die Märkte misstrauen dem Institut. Es besteht die Gefahr, dass sie aus der Abwärtsspirale nicht rauskommt. Wenn das passiert, wird Scholz doch etwas zu entscheiden haben, nämlich ob am Ende der Staat die Bank retten muss. Das wäre die teure Antwort.

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