Schnelles Internet:Vierkampf um 5G

Von diesem Dienstag an versteigert der Staat erste Frequenzen für den schnellen Mobilfunk der Zukunft, 5G. Doch ist die Auktion wirklich der richtige Weg? Bis zuletzt stritten Gewerkschaften, Branche und Behörden über die Bedingungen.

Von Benedikt Müller

An diesem Dienstag beginnt der Bieterkampf um den Mobilfunk der Zukunft: Die Bundesnetzagentur versteigert erste Frequenzen, die für den neuen Standard 5G geeignet sind. Die Technik kann riesige Datenmengen nahezu in Echtzeit übertragen. "Wir wollen mit dieser Versteigerung einen Beitrag leisten für das Thema Gigabitgesellschaft", kündigt Behördenchef Jochen Homann an, "und insbesondere für das Thema Industrie 4.0". Denn der Mobilfunk der fünften Generation gilt als Grundlage für vernetzte Roboter, ferngesteuerte Medizintechnik oder selbstfahrende Autos. "Vor allem die Industrie wartet händeringend auf 5G", erklärt das Institut der deutschen Wirtschaft (IW).

Freilich: Dass gleich vier Mobilfunkanbieter mitbieten wollen - und dass der Staat die Frequenzen überhaupt versteigert - stieß bis zuletzt auf Kritik. "Das Geld, das für die Auktion ausgegeben wird, kann nicht mehr in die Infrastruktur gesteckt werden", warnt etwa Christoph Heil von Verdi. Die Gewerkschaft fürchtet, dass die Telekom-Unternehmen Fehler der Vergangenheit wiederholen könnten: Nach der Jahrtausendwende gaben sie gut 50 Milliarden Euro für die heutigen 3G-Frequenzen aus. "Einige Netzbetreiber litten noch zehn Jahre danach unter den angehäuften Schulden", mahnt Verdi.

Die Gewerkschaft forderte noch am Montag, dass der Staat die Auktion verschieben müsse. Er solle die Frequenzen lieber den drei etablierten Betreibern überlassen - und sie im Gegenzug zum schnellen Netzausbau verpflichten, argumentiert Verdi. Zu Recht?

Wer Frequenzen ergattert, muss diesmal strenge Auflagen erfüllen

Für Homann führt dagegen kein Weg an einer Versteigerung vorbei. "Das Interesse an Frequenzen ist größer als das, was wir anbieten können", argumentiert der Präsident der Netzagentur. "In einer Auktion müssen die Unternehmen ihre Präferenzen wirklich offenlegen und mit Geld hinterlegen", so Homann, "transparenter geht es nicht." Und Ziel seiner Behörde sei nicht, möglichst viel Geld für die Staatskasse einzutreiben. "Die Unternehmen bestimmen selbst, wie viel Geld sie bei einer Auktion ausgeben", appelliert Homann an die Vernunft. "Und der Bund hat zugesagt, dass er diese Einnahmen wieder für den Breitbandausbau zur Verfügung stellen wird."

Hinter dem Vorstoß von Verdi steckt auch, dass neben der traditionell gewerkschaftlich mitbestimmten Deutschen Telekom, neben Vodafone und Telefónica ("O2") erstmals auch der Anbieter 1&1 Drillisch um Frequenzen bieten darf. Die Tochterfirma von United Internet steht für Handymarken wie Simply oder Yourfone; sie nutzt bislang gegen Gebühr das Netz der anderen.

Doch obgleich vier statt drei Firmen bieten, erwarten Experten keinen Preiskampf wie einst beim Mobilfunk der dritten Generation. Denn wer diesmal Frequenzen ergattert, muss strenge Auflagen erfüllen - auch für den restlichen Mobilfunkausbau, der vor allem auf dem Land viel Geld kostet. "Deshalb werden die Netzbetreiber weniger bieten und die potenziellen Auktionserlöse sinken", sagt das IW voraus.

Der Staat will sicherstellen, dass die Konzerne auch auf dem Land investieren

So müssen die drei etablierten Netzbetreiber, wenn sie die neuen Frequenzen ersteigern, bis 2022 mindestens 98 Prozent der Haushalte mit schnellem Mobilfunk versorgen. Das bedeutet, dass die Nutzer mit wenigstens 100 Megabit pro Sekunde Daten laden können. Mit 5G hat diese Bandbreite, die auch entlang der wichtigsten Verkehrswege gegeben sein muss, zwar noch nichts zu tun. Der Staat will aber sicherstellen, dass die Betreiber auch auf dem Land investieren. Diese wiederum fürchten, dass sie gar nicht schnell genug Genehmigungen für die nötigen Funktürme erhalten könnten.

Für den Neuling 1&1 Drillisch gelten indes laschere Auflagen. Und die etablierten Betreiber müssen zumindest darüber verhandeln, ihre neuen 5G-Netze gegen Gebühr auch für andere Anbieter zu öffnen. Den gestandenen Netzbetreibern ist diese Vorgabe hingegen viel zu schwammig. Sie haben auch deshalb gegen die Bedingungen der 5G-Auktion geklagt. Das Verwaltungsgericht Köln hat aber zumindest die entsprechenden Eilanträge am Freitag abgewiesen; eine Entscheidung in der Sache steht noch aus. In der Netzagentur ist man dennoch erleichtert, dass die Versteigerung nun beginnen kann.

Erste Anwendungsfälle für das Netz der Zukunft sehen die Betreiber in digitalisierten Fabriken und Forschungseinrichtungen sowie an Verkehrsknotenpunkten und in Ballungszentren. Homann betont zudem, dass seine Behörde spätestens in fünf Jahren abermals frei werdende Frequenzen versteigern wird. "Hier findet nicht das Endspiel statt um die Flächen- oder 5G-Versorgung." Doch immerhin kann der Wettlauf nun beginnen.

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