Schmiergeldvorwürfe:Griechische Justiz plant Prozess gegen Siemens-Manager

  • Die Athener Justiz hat beschlossen, dass sich Siemens-Manager im Schmiergeldfall wegen Korruption verantworten müssen - obwohl es bereits eine Einigung gab.
  • Die Anklage enthält keine neuen, belegbaren Vorwürfe. Für ein und dieselbe Sache dürften die Manager eigentlich nicht verfolgt werden.
  • Griechenland fordert seit langem die Auslieferung eines ehemaligen Griechenland-Chefs von Siemens, die deutsche Justiz verhindert dies.

Von Klaus Ott und Tasos Telloglou, Athen

Mitten im Streit zwischen Griechenland und den übrigen Euro-Ländern über eine Rettung des hoch verschuldeten Mittelmeer-Staates, hat die Justiz in Athen ein Gerichtsverfahren beschlossen, das nicht dazu beitragen dürfte, die politische Lage zu entschärfen. Im Schmiergeldfall Siemens sollen sich 64 Beschuldigte, darunter zwölf Deutsche einschließlich Ex-Konzernchef Heinrich von Pierer, wegen Korruption respektive Geldwäsche verantworten. Mit dem Beginn des Prozesses vor dem Oberlandesgericht Athen wird im Laufe des Jahres gerechnet. Siemens soll 1997 etwa 70 Millionen Euro Schmiergelder an die griechische Telekommunikationsgesellschaft OTE gezahlt haben, um einen Auftrag zu bekommen.

"Das ist ein Unrechtsverfahren"

Die Angeklagten müssen zwar, anders als in Deutschland, nicht selbst vor Gericht erscheinen, sondern können sich von einem Anwalt vertreten lassen. Der Unmut im Kreise der deutschen Angeklagten, alles ehemalige Manager und Mitarbeiter von Siemens, und ihrer Verteidiger ist dennoch groß. "Das ist ein Unrechtsverfahren", sagt einer der Verteidiger. "Den Griechen geht's um's Geld."

Dass in Athen versucht wird, diesen Prozess im Streit insbesondere mit Deutschland über weitere Hilfsmaßnahmen und einen teilweisen Schuldenerlass politisch zu nutzen, darauf lassen Aussagen von linken Abgeordneten aus dem griechischen Parlament schließen. Siemens müsse wegen der früheren Schmiergeldzahlungen für einen Großauftrag zur Modernisierung des nationalen Telefonnetzes in Hellas, von staatlichen Aufträgen ausgeschlossen werden, fordern linke Parlamentarier. Siemens hatte sich aber schon vor Jahren mit der damaligen Regierung in Athen auf Entschädigungen und weitere Maßnahmen verständigt.

Neue belegbare Vorwürfe gibt es keine

Für den Konzern ist der Fall damit eigentlich ebenso längst abgeschlossen wie für Pierer und andere ehemalige Siemensianer. Bei ihnen hat die deutsche Justiz ja bereits über Strafen oder andere Sanktionen entschieden. Pierer musste 250 000 Euro Bußgeld zahlen. Die Anklage gegen ihn in Athen enthält keine neuen, belegbaren Vorwürfe, die über die Erkenntnisse der deutschen Behörden hinausgingen. Insofern dürfte Pierer in Griechenland wegen ein- und derselben Sache nicht zum zweiten Mal juristisch verfolgt werden. Genau dies geschieht jetzt aber.

In Anspielung auf den früheren Griechenland-Chef von Siemens, Michael Christoforakos, hatte Griechenlands Außenminister Nikos Kotzias Deutschland vorgeworfen, seiner Regierung "pseudomoralische" Ratschläge gegen Korruption zu erteilen, "während sich Menschen, die Skandale ausgelöst haben, in Deutschland aufhalten". Er forderte die deutsche Justiz auf, Griechenland Zugang zu den Konten von Christoforakos zu gewähren. Athen fordert bereits seit langem die Auslieferung von Christoforakos, der in Deutschland lebt. Die deutsche Justiz hat das aber verhindert.

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