Süddeutsche Zeitung

Schmiergeldaffäre in der Formel 1:Ecclestone will bei der Staatsanwaltschaft München aussagen

Formel-1-Chef Bernie Ecclestone hat zuletzt einen großen Bogen um Deutschland gemacht - vielleicht aus Angst vor einer Verhaftung im Rahmen der BayernLB-Affäre. Nun jedoch die Kehrtwende: Ecclestone würde nur zu gerne nach Deutschland kommen, heißt es. Sogar direkt zur Staatsanwaltschaft. Um seine Macht zu sichern, muss er eine Anklage mit allen Mitteln verhindern.

Klaus Ott

Reisen nach Deutschland hat Bernie Ecclestone zuletzt gemieden wie der Teufel das Weihwasser. Nicht einmal zum Rennen auf dem Hockenheim ist der Formel-1-Chef gekommen, vielleicht aus Angst vor einer Verhaftung. Schließlich ermittelt die Münchner Staatsanwaltschaft gegen den Briten, weil der den einstigen Spitzenbanker Gerhard Gribkowsky kräftig geschmiert haben soll.

Gribkowsky vertrat die Interessen der BayernLB, als die noch Hauptaktionär der Formel 1 war und dem Renn-Boss das Leben schwer machte. Jetzt aber würde Bernie, wie er in der Motorsportszene genannt wird, nur zu gerne nach Deutschland kommen. Jederzeit. Und sogar nach München, direkt zur Staatsanwaltschaft. Um dort zu erklären, dass die Anschuldigungen gegen ihn falsch seien.

Ecclestone hat über seine Verteidiger angeboten, sich von den Ermittlern vernehmen zu lassen und umfassend auszusagen. Der Brite, so lässt sich das deuten, will alles tun, um eine Anklage gegen ihn abzuwenden. Denn das könnte für Mr. Formel 1 das Ende seiner Macht und seiner langen Karriere im Motorsport bedeuten. Im Falle einer Anklage will der Autokonzern Daimler, der mit Mercedes in der Rennserie mitfährt, auf Ecclestones Ablösung drängen.

Schon zweimal in München ausgesagt

Ob die Staatsanwaltschaft das Angebot annimmt und den Formel-1-Chef noch einmal verhört, ist offen. Die Ermittler äußern sich dazu nicht, wegen des laufenden Verfahrens. Was Ecclestone alles erzählen könnte, ist weitgehend bekannt. Dass er von Gribkowsky erpresst worden sei und diesem nur deshalb viele Millionen Dollar habe zukommen lassen. Und dass der Deutsche unglaubwürdig sei und in seinem Leben schon vieles erzählt habe, was sich dann als falsch herausgestellt habe. Und dass sich der Ex-Banker mit seinen Zeugenaussagen gegen ihn, den Renn-Chef, bei der Justiz einschmeicheln wolle, um schneller aus dem Gefängnis zu kommen. Das Landgericht München hat Gribkowsky im Sommer wegen Bestechlichkeit und weiterer Delikte zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt.

Zwei Mal hat Ecclestone bereits in München ausgesagt. Im April 2011 bei der Staatsanwaltschaft und im November 2011 als Zeuge bei Gericht im Verfahren gegen Gribkowsky. Beide Male hat er sich vorher zusichern lassen, Deutschland wieder verlassen zu dürfen, also nicht festgesetzt zu werden. Dem Vernehmen nach würde er jetzt eventuell sogar auf die Zusage freien Geleits verzichten und ohne jede Vorbedingung mit seinem Privatjet nach München fliegen. Juristen, die mit dem Fall zu tun haben, halten es für möglich, dass dieses Angebot auch Taktik sein könnte. Ecclestone könnte so demonstrieren, dass er der deutschen Justiz jederzeit zur Verfügung stehe und dass es keinerlei Grund für einen Haftbefehl gebe. Ein solcher ist derzeit freilich auch nicht zu erwarten.

Bei Ecclestone ist ohnehin mehr zu holen

Ärger hat der Renn-Boss ohnehin genug. Die BayernLB will 400 Millionen Euro von ihm, weil sie beim Ausstieg aus der Formel 1 durch Ecclestones mutmaßliches Schmiergeldgeschäft mit Bankvorstand Gribkowsky um diese Summe geschädigt worden sei. Der Brite weist alle Anschuldigungen und Ansprüche zurück. Gribkowsky selbst hat infolge der Affäre bereits sein Vermögen verloren. 25 Millionen Euro hatte der Ex-Banker in seiner österreichischen Privatstiftung "Sonnenschein" versteckt, auf die nun der Freistaat Bayern und die Landesbank Zugriff haben. Der Freistaat erhält 15 Millionen Euro Abschlagszahlung. Damit ist Gribkowskys Schuld beim Fiskus vorläufig getilgt. Der Ex-Banker hatte die Dollar-Millionen von Ecclestone & Co in Österreich versteuert, zu günstigen Abgabesätzen, und dem deutschen Fiskus dessen Anteil vorenthalten. Das Urteil gegen ihn fiel auch wegen der Steuerhinterziehung so hoch aus.

Wie Gribkowskys Vermögen schließlich zwischen Fiskus und Landesbank aufgeteilt wird, ist noch offen. Am Ende wird, da die BayernLB dem Freistaat noch Milliarden schuldet, sowieso alles in der Staatskasse landen. Und bei Ecclestone ist ohnehin mehr zu holen. Bei ihm hoffen die Staatsbank und ihr Eigentümer, der Freistaat, auf das große Geld.

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SZ vom 26.10.2012/fzg/rela
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