Schmiergeldaffäre bei der Formel 1:Früherer BayernLB-Vorstand belastet Ecclestone schwer

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Beamtenspott als Indiz: Der verurteilte Ex-Banker Gribkowsky liefert möglicherweise den entscheidenden Hinweis für eine Anklage gegen Bernie Ecclestone - der soll ihn als "Staatsdiener" beschimpft haben. Das könnte dem Formel-1-Chef nun zum Verhängnis werden.

Klaus Ott, München

Bernie Ecclestone macht sich gerne über Leute lustig, die glauben, sie könnten ihn über den Tisch ziehen. Ihn, der seit Jahrzehnten über die Formel 1 herrscht und ohne den das Rennspektakel wohl kein Milliardengeschäft geworden wäre. Als "Clowns" soll der Brite seine Widersacher manchmal bezeichnet haben. Auch den deutschen Spitzenbanker Gerhard Gribkowsky, der die Formel 1 einst selbst lenken wollte, soll Ecclestone gelegentlich verspottet haben. Als "civil servant", als Staatsdiener also, als Beamten. Und das deshalb, weil Gribkowsky im Motorsport-Spektakel die Interessen von Bayerns Landesbank vertrat, einer Staatsbank, die jahrelang Hauptaktionär der Renngesellschaft war.

Formel-1-Chef Bernie Ecclestone macht sich gerne über Leute lustig - doch eine abfällige Bemerkung könnte ihm jetzt zum Verhängnis werden. (Foto: dapd)

Gribkowsky war früher Vorstand der BayernLB, er hat zu jener Zeit heimlich 44 Millionen Dollar kassiert, die von Ecclestone und einer Stiftung seiner Ehefrau kamen. Über Tarnfirmen in der Karibik und im Indischen Ozean. Als das später aufflog, kam Gribkowsky vor Gericht. Nach einem monatelangen Prozess gab er schließlich zu, als Gegenleistung für die vielen Millionen den Ausstieg der BayernLB aus der Formel 1 ganz im Sinne von Ecclestone gestaltet zu haben.

Gribkowsky wurde im Juli wegen Bestechlichkeit als Amtsträger und wegen anderer Delikte zu achteinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Landesbank-Vorstände sind Amtsträger, wie der Bundesgerichtshof schon vor fast drei Jahrzehnten entschieden hat. Das könnte nun auch Ecclestone zum Verhängnis werden. Sollte der Formel-1-Chef geahnt oder gar gewusst haben, dass er einem Staatsdiener Millionen gab, dann könnte er wegen Amtsträger-Bestechung belangt werden.

Eine abfällige Bemerkung zu viel

Hätte sich das mit dem "civil servant" wirklich so zugetragen, dann wäre das für den Briten eine abfällige Bemerkung zu viel gewesen. Genau so eine Aussage hat der Münchner Staatsanwaltschaft noch gefehlt, um nach dem Ex-Staatsbanker, dem Geldempfänger, nun auch den Formel-1-Chef, den Geldgeber, vor Gericht zu bringen. Und Gribkowsky hat bereits im Sommer, was bisher nicht bekannt war, genau dieses letzte noch fehlende Indiz geliefert.

Das entscheidende Indiz. Der frühere BayernLB-Vorstand hat sich nach seinem Geständnis und seinem Schuldspruch aus dem Gefängnis heraus der Staatsanwaltschaft als Zeuge zur Verfügung gestellt und den Strafverfolgern vom Spott mit dem "civil servant" berichtet.

Die Staatsanwaltschaft will nach dem derzeitigen Stand der Dinge ihre Ermittlung gegen Ecclestone wegen Schmiergeldzahlungen an den Amtsträger Gribkowsky im Herbst abschließen und den Renn-Chef anklagen. Mit Gribkowsky als Belastungszeugen. Was der Ex-Banker behauptet, widerspricht der Darstellung von Ecclestone. Dessen Anwalt Sven Thomas hat der Justiz frühzeitig mitgeteilt, für den Briten sei der deutsche Banker nicht als Amtsträger erkennbar gewesen. Auf diesen Gedanken habe Ecclestone gar nicht kommen können.

Als Thomas das vortrug, saß Gribkowsky in Untersuchungshaft. Und sagte dort, wie später lange vor Gericht, kein Wort zum Schmiergeldverdacht. Sondern stritt über seine Verteidiger alles ab; ehe er, ein hartes Urteil vor Augen, doch auspackte und alles gestand. Und jetzt sogar Ecclestone mit dessen angeblicher Bemerkung vom "civil servant" reif für die Anklage macht. Ein Deal, mit dem sich der Formel-1-Chef freikaufen könnte, kommt nach Angaben aus Justizkreisen nicht in Betracht.

Ecclestones Anwälte Sven Thomas und Norbert Scharf arbeiten an einem Schriftsatz, mit dem sie eine Anklage noch verhindern wollen. Sie bezeichnen Gribkowsky als unglaubwürdig. In dessen eigenen Prozess sei dem Ex-Banker die angebliche Bemerkung mit dem "civil servant" nicht eingefallen, das habe er erst später "nachgeliefert". Das sei ein "bemerkenswerter Umstand", so die beiden Anwälte. Mehr sagen sie nicht. In Juristenkreisen wird hie und da spekuliert, Gribkowsky wolle sich als Zeuge einer Anklage gegen Ecclestone bessere Haftbedingungen erkaufen.

Kommt es zum Prozess, dann muss das Münchner Landgericht entscheiden, was glaubhafter ist. Die Anschuldigungen gegen Bernie Ecclestone oder dessen Unschuldsbeteuerungen. Der Formel-1-Chef sagt, er sei von Gribkowsky erpresst worden und habe nur deshalb die vielen Millionen gezahlt.

© SZ vom 26.09.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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