Schlussverkauf:Anarchie am Wühltisch

Hauptsache billig: Der Sommerschlussverkauf ist eigentlich abgeschafft, aber keinen interessiert's. Mit Rabatten bis zu 80 Prozent wollen Händler ihre Lager leeren - nicht immer warten Schnäppchen.

Stefan Lakeband

Die Türen öffnen sich und der Ansturm beginnt. Links und rechts säumen Tische mit T-Shirts und Hosen die Gänge. Noch liegen sie gebügelt und gefaltet gut sortiert aufeinander, doch das ändert sich bald - bei der Jagd nach dem günstigsten Preis wird keine Rücksicht auf Ordnung genommen. Seit Montag ist Sommerschlussverkauf (SSV).

Überflüssigstes Wort 2009 - sale

Schnäppchen überall: Den Sommerschlussverkauf gibt es offiziell zwar gar nicht mehr, dennoch locken viele Geschäfte mit Rabatten bis zu 80 Prozent.

(Foto: ag.dpa)

Offiziell gibt es ihn zwar gar nicht mehr, in den Herzen, den Geldbeuteln und den Kalendern der Deutschen hat er aber immer noch einen festen Platz. Seit 2004 der offizielle SSV abgeschafft wurde, hat sich eigentlich nicht viel geändert - bis auf die Namen. Wo früher noch Schilder mit der Aufschrift "Sommerschlussverkauf" warben, stehen jetzt Aufsteller, die einen "Männerschlussverkauf", "Sale" oder ein schlichtes aber eindeutiges "Alles muss raus!" versprechen.

Diese ultimative Aufforderung trifft im Kern die Haltung fast aller 270.000 Händler, die am freiwilligen Schlussverkauf teilnehmen. "Die erste Herbstware ist schon da, deswegen muss Platz in den Lagern geschaffen werden", erklärt Ulrike Hörchens vom Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE). Um die letzten T-Shirts, Sommerhemden und Kleider los zu werden, locken die Geschäfte mit riesigen Rabattversprechen. "Man kann mit Nachlässen von etwa 50 bis 70 Prozent rechnen, teilweise sind sogar 80 Prozent möglich", so Hörchens. Wenngleich Kleidung und Schuhe immer noch die Hauptobjekte der Schnäppchenjäger im Schlussverkauf sind, lohnt sich auch ein Blick in andere Branchen. Zum Teil werben auch Elektro-, Baumärkte oder Gartencenter mit Rabattaktionen. "Auch da gibt es Saisonware. Gartenmöbel zum Beispiel", sagt Hörchens.

"Brauche ich das jetzt wirklich?"

Vor allzu viel Euphorie im Rabattrausch warnt allerdings Petra von Rhein von der Verbraucherzentrale Bayern: "Wirkliche Schnäppchen sind nur schwer zu finden." Der Sommer sei im Schnitt gut gewesen und gerade an den heißen Tagen sei noch viel sommerliche Ware über die Ladentheke gegangen. Wirklich schöne Schnäppchen gebe es nur noch für diejenigen, die Waren in nicht sehr geläufigen Größen nachfragen. Die restlichen Artikel seien vielerorts schon weg.

Kaufen nur um des Schnäppchens wegen, davon rät die Expertin der Verbraucherzentrale ab. "Man muss immer vergleichen und die Preise beobachten. Und vor allem muss man aufpassen, dass man keine Ramschware kauft", sagt von Rhein. Immer müsse man sich die Frage stellen: "Brauche ich das jetzt wirklich?"

Selbst wenn Hose oder Rock der Begierde schon reduziert sind, billiger kann es immer noch werden. Gerade in kleinen Geschäften sei es noch möglich, zusätzlich zu handeln und so den Preis nochmals zu drücken, erklärt von Rhein. Besonders wenn die Ware kleine Fehler habe, könne man den Verkäufer darauf hinweisen und nach einem zusätzlichen Preisnachlass fragen. "Probieren kann man das immer", so die Expertin der Verbraucherzentrale - selbst bei großen Kaufhäusern.

Bei aller Freude über mögliche Schnäppchen: Wenn der Kunde erst nach dem Kauf Mängel feststellt, kann er immer noch sein Geld zurück verlangen, so von Rhein. Auch wenn die Szenen auf der Schnäppchenjagd oft ein Hauch von Anarchie umhüllt: "Die Käuferrechte sind gesetzlich garantiert."

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