Schlecker-Rettung auf der Kippe:Letzte Hoffnung Heuschrecke

Wenn Schlecker überleben will, braucht das Unternehmen einen risikofreudigen Investor. Am Freitag entscheidet sich, wie es mit dem Drogerie-Riesen weitergeht. Die Zeit drängt, jeder Arbeitstag bringt im Moment Verluste. Kauft niemand die ganze Drogeriekette, droht die Zerschlagung.

Max Hägler

Schlecker-Zentrale in Ehingen. Im fünften Stock steht eine Heuschrecke, einen Meter groß. Die Beine hat sie zum Sprung angezogen, der Kopf ist schwarz, die Augen sind kaum zu erkennen. Das Kunstwerk ist in den vergangenen Wochen zu einem Hoffnungssymbol geworden - weil es bedeute, dass die Kunst-Heuschrecke schon da sei und das mit der Finanz-Heuschrecke auch klappen werde.

Endspiel um den Drogerie-Riesen: Findet Schlecker keinen Investor, droht die Zerschlagung.

Endspiel um den Drogerie-Riesen: Findet Schlecker keinen Investor, droht die Zerschlagung.

(Foto: dpa)

Darum geht es in diesen Tagen: Wenn die verbliebenen deutschen Filialen der Drogeriekette Schlecker überleben wollen, brauchen sie einen Investor, der ein Risiko eingeht - wahrscheinlich einen Finanzinvestor, eine Private-Equity-Gesellschaft, oft als "Heuschrecke" verschrien. Angesichts der Misere wäre das wohl die letzte Rettung. Womöglich wird sich bereits am Freitag entscheiden, ob diese Rettung kommt - oder ob die Schlecker-Zentrale bald aufgegeben werden muss, einschließlich der Kunstwerke. Endspiel.

Seit vier Monaten kämpft Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz darum, Schlecker den Investoren schmackhaft zu machen. Die Zeit drängt. "Die Lage ist sehr angespannt", heißt es aus dem Unternehmen. Jeder Arbeitstag bringe im Moment Verluste. Es kommen zu wenige Kunden in die verbliebenen 3000 deutschen Filialen. Eine Milliarde Euro Schulden hat sich angehäuft, besagen Gerüchte. Schuldenmachen ist aber eine schwierige Geschäftsbasis für ein Unternehmen, das seine Rechnungen nicht mehr regelmäßig bezahlen kann.

Auch wenn manche Kreditgeber das noch mitmachen - viele Gläubiger dürften zunehmend ungehalten sein. Sie könnten die derzeitigen Entscheider bei Schlecker verklagen, wenn durch kostspielige Rettungsversuche die Insolvenzmasse in Gefahr gerät. Die Entscheider, das sind die Mitglieder der Gläubigerversammlung, die am 5. Juni zusammenkommt und an der jeder teilnehmen kann, der auch nur eine unbezahlte Rechnung über ein paar Euro hat.

Neuigkeiten können eigentlich nur schlecht sein

Derzeit gehört neben Geiwitz vor allem der Lenkungsausschuss dazu, auch der Gläubigerausschuss, in dem Lieferanten, Versicherer und Arbeitnehmervertreter sitzen. An diesem Freitag kommen die Gremien wieder in Ulm zusammen. Es werde einiges geklärt werden, sagt einer der SZ, der maßgeblich an dem Verfahren beteiligt ist. Es werde an diesem Tag Neuigkeiten geben.

Es können eigentlich nur weitere schlechte Nachrichten sein. Womöglich eben, dass die Wiederbelebung für Schlecker eingestellt wird und das Ganze nach einer zügigen Resteverwertung aufgelöst wird. Es sei denn, es kommt unverhofft noch einer, der Geld mitbringt und den Drogeriekonzern wieder aufpäppelt. Doch danach sieht es nicht aus. Von Gesprächen mit drei Investoren war bislang die Rede. Die Beteiligungsfirma Cerberus aus New York ist wohl darunter.

Und es gibt wohl eine Lösung mit den beiden Kindern von Anton Schlecker: Meike und Lars wollten wohl einen Partner auftun und zu dritt das Geschäft des Papas übernehmen. Das Emirat Katar war, so die Stuttgarter Nachrichten, als Partner im Gespräch, habe jedoch das Interesse verloren. Der dritte Interessent dürfte wie Cerberus ein Finanzinvestor sein, aus Deutschland oder den USA. Alle drei haben Schleckers Bücher studiert. Das dürfte ernüchtert haben.

Kein Investoren-Angebot bedeutet Zerschlagung und Abwicklung

Hinzu kommt das Risiko Personalkosten: Mehr als 4000 ehemalige Schlecker-Mitarbeiterinnen klagen gegen ihre Kündigungen. Von Gericht erzwungene Wiedereinstellungen würden die Drogeriekette mit vielen Millionen Euro belasten. Geiwitz hatte das befürchtet und sich deshalb vehement um den Aufbau einer staatlich abgesicherten Transfergesellschaft bemüht; FDP-Politiker im Bund und in den Ländern ließen das platzen. Und schließlich kommen die Arbeitnehmervertreter dem Konkursverwalter und potentiellen Investoren nicht im erhofften Maße entgegen: 15 Prozent Lohnkürzung bis 2014 fordert Geiwitz. Die Gewerkschaft Verdi ist zu gut zehn Prozent Verzicht bereit - aber nur, wenn sie vorher erfährt, wie das Fortführungskonzept aussehen soll.

Ohne konkretes Investoren-Angebot müsse er "Einzellösungen" in Angriff nehmen, sagt Geiwitz. Das heißt: Zerschlagung und Abwicklung. Die tschechische Auslandsgesellschaft ist veräußert, Schlecker-Tochter "Ihr Platz" steht vor dem Verkauf an die Beteiligungsgesellschaft Dubag. Vollzogen ist die Transaktion noch nicht. Ob das darauf deutet, dass es doch einen Investor gibt, der Schlecker kauft, bleibt abzuwarten.

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