Schlecker-Insolvenzverwalter Geiwitz:Mit aller Zuversicht in den Untergang

Mit Pleiten hat Arndt Geiwitz viel Erfahrung. Zahlreiche Unternehmen musste er als Insolvenzverwalter bereits betreuen. Doch bei Schlecker war der Sog in die Tiefe zu groß. Nun darf er nur noch die Abwicklung verwalten.

Arndt Geiwitz mühte sich, Optimismus zu verbreiten, als er seinen vielleicht schwersten Job antrat. Er sollte als Insolvenzverwalter die Drogeriekette Schlecker vor dem Aus retten. "Zum Wettbewerb fährt man, zu Schlecker geht man", sagte er am 30. Januar 2012.

An diesem Tag gab Schlecker erstmals nach 20 Jahren wieder eine Pressekonferenz. Der groß gewachsene Geiwitz saß neben der sichtlich mitgenommenen Meike Schlecker und erläuterte, was die Konkurrenz so dachte: Dass nur die großen Filialen in der Drogeriebranche Zukunft hätten. Also Schlecker nicht. "Das würde ich bezweifeln wollen", fügte Geiwitz tapfer hinzu.

Seit Freitag ist klar: Schlecker hat keine Zukunft mehr und wird zerschlagen. Erst nach und nach wurde das wahre Ausmaß der Katastrophe ersichtlich - und hat wohl auch Geiwitz selbst überrascht. Schlecker hatte viel zu lange horrende Verluste eingefahren. Sie lagen nach jüngsten Angaben von Geiwitz in den vergangenen Jahren bei 200 Millionen Euro pro Jahr. Nun sollen sie noch bei 25 Millionen Euro liegen - immer noch zu viel.

"Zurzeit habe ich es etwas schwerer"

Das Vorgehen von Geiwitz war aus Expertensicht richtig. "Generell gilt: Wenn ein vorläufiger Verwalter in ein Unternehmen kommt, haben die Mitarbeiter von der Krise schon viel mitbekommen", sagt Detlef Specovius, Partner bei Schultze & Braun mit Sitz in Achern, der nach eigenen Angaben größten Insolvenzkanzlei Deutschlands. "Wenn er den Geschäftsbetrieb weiterführen will, muss er Optimismus verbreiten. Er darf aber keine unhaltbaren Versprechungen machen."

Geiwitz gilt als versierter und kluger Fachmann. Sein Abitur machte er am Eliteinternat Schloss Salem. Schon während seines Studiums der Betriebswirtschaftslehre in Passau arbeitete er frei für die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Arthur Andersen. Geiwitz sei ein "sehr guter Insolvenzverwalter", der schon viele Verfahren betreut habe, sagte der zuständige Richter Benjamin Webel, als er ihn bei Schlecker einsetzte.

Der 1969 in Ulm geborene Geiwitz kümmert sich seitdem um das Unternehmen, das vom wenige Kilometer entfernten Ehingen aus zur größten Drogeriekette Deutschlands aufstieg. Er leitete zuvor unter anderem die Sanierungen der Kögel-Fahrzeugwerke, der Autovermietung Budget Deutschland oder der Fertighäuser-Firma Platzhaus.

Seine Wirtschaftsprüfergesellschaft Schneider, Geiwitz & Partner verwaltet auch die Insolvenz des Druckmaschinenherstellers Manroland und des Schuhhauses Leiser. Von den zuversichtlichen Worten beim Amtsantritt blieb bei Schlecker schnell nicht mehr viel übrig. Er sei "schon ein wenig ernüchtert" angesichts der Schwierigkeiten, sagte Geiwitz Anfang Mai der Süddeutschen Zeitung.

Ungefähr zur selben Zeit verriet er der Stuttgarter Zeitung: "Zurzeit habe ich es etwas schwerer." Er habe 100-Stunden-Wochen. "Aber noch habe ich Haare auf dem Kopf." Nun, etwas grauer sind sie inzwischen geworden.

Bereits Ende Februar kündigte Geiwitz drastische Einschnitte an. Später mussten mehr als 11.200 Schlecker-Mitarbeiter gehen, 2200 Filialen machten dicht. Zu den harten Schnitten habe es "keine andere Alternative" gegeben, zu spät habe die Restrukturierung begonnen, sagte Geiwitz.

4000 Kündigungsschutzklagen

Dann schlug die Stunde des Kämpfers Geiwitz. Die erste Schlacht um Staatshilfen für die Gründung einer Transfergesellschaft musste er verloren geben. Zuerst sagte der Bund "Nein", dann scheiterte auch eine Bürgschaft der Länder am Veto der FDP-geführten Wirtschaftsministerien in Bayern, Niedersachsen und Sachsen.

Ohne die Transfergesellschaft musste Geiwitz Kündigungen aussprechen. Als Konsequenz daraus sind jetzt mehr als 4000 Kündigungsschutzklagen anhängig, die laut Geiwitz ein Risiko von mehr als 100 Millionen Euro darstellen. Dies war ein großes Hindernis bei der Investorensuche, dem zweiten Kampf, den Geiwitz auszufechten hatte.

War zunächst von einer zweistelligen Zahl von Interessenten die Rede, reduzierte sich der Interessentenkreis zuletzt auf zwei: den deutsch-amerikanischen Milliardär Nicolas Berggruen und den US-Finanzinvestor Cerberus. Die anderen sprangen offenbar nach einem Blick in die Bilanz von Schlecker ernüchtert ab. Auch von seinem Zeitplan musste sich Geiwitz verabschieden. Ursprünglich wollte er bis Pfingsten einen Investor präsentieren. Wenige Tage nach dem Pfingstwochenende steht nun fest: Auch Berggruen und Cerberus sind nicht bereit, genug zu investieren. Geiwitz muss jetzt die Abwicklung von Schlecker verwalten.

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