Autoindustrie:Führerlos im Atlantik: 3965 VW-Autos

Autoindustrie: Bergung per Seilwinde: Ein Hubschrauber der portugiesischen Marine holt die Besatzung der "Felicity Ace" von einem Öltanker, der zu Hilfe geeilt war.

Bergung per Seilwinde: Ein Hubschrauber der portugiesischen Marine holt die Besatzung der "Felicity Ace" von einem Öltanker, der zu Hilfe geeilt war.

(Foto: AFP)

Ein Frachter mit Fahrzeugen der Marken Audi, VW, Porsche und Bentley dümpelt brennend auf dem Meer. Die Bergung dürfte kompliziert werden.

Von Max Hägler

Der Name trifft in diesem Fall nicht zu: Felicity Ace, Glücksbringer, heißt das Schiff, das derzeit brennend und menschenleer im Atlantischen Ozean treibt, mit einer gewichtigen Ladung: Rund 3965 neue Autos aus dem Volkswagen-Konzern befinden sich an Bord, dem Vernehmen nach sind es Fahrzeuge der Marken Audi, VW, Porsche und Bentley. Am 10. Februar war der Autofrachter der japanischen Reederei Mitsui O.S.K. Lines in Emden gestartet, dem wichtigsten Exporthafen der deutschen Automobilindustrie. Das Ziel der Reise: Davisville an der Ostküste der USA.

Doch an Tag sechs der eigentlich zweiwöchigen Reise kam es zu den Problemen. Der 200-Meter-Frachter, gebaut im Jahr 2005, mit Fahrzeugen im Wert von mindestens 200 Millionen Euro, hatte gerade die Azoren passiert, da entdeckte die Besatzung ein Feuer in einem der Laderäume, und zwar ein offensichtlich gravierendes: Die gesamte Crew, 22 Mann, verließ nach Angaben der Reederei das Schiff, nicht einmal ein Kernteam blieb an Bord. Bilder auf Twitter zeigen ein Rettungsboot der Felicity Ace an der Seite eines zu Hilfe geeilten Öltankers. Ein Hubschrauber der portugiesischen Armee brachte die Crew vom Tanker auf die Azoren.

Kann man an Bord noch arbeiten, oder ist es zu heiß?

Während in sozialen Medien larmoyante US-Kunden teurer Fahrzeuge bereits den wahrscheinlich vielmonatigen Lieferverzug ihrer Autos betrauern, ist die Bergung des qualmenden Frachters angelaufen. Die Felicity Ace dümpelt führerlos etwa 150 Kilometer südwestlich der Azoren, das Wetter ist derzeit gut, aber der Wind weht mit Stärke vier bis fünf aus Ost, nicht unproblematisch bei solchen Schiffen. In Sichtweite hält ein portugiesisches Kriegsschiff Wache und wartet auf das Eintreffen privater Bergungsschiffe, die die Reederei entsandt hat.

Die wichtigste Frage sei in solchen Fällen, ob man an Bord noch arbeiten könne, erklärt Holger Jäde vom Havariekommando, der deutschen Behörde zur Bekämpfung von Unfällen auf dem Meer. Mittels Wärmebildkameras würde geprüft, ob etwa Feuerwehrleute und andere Experten auf dem Deck abgesetzt werden könnten oder ob es schlicht zu heiß sei. Der Auftrag der Experten wäre neben einer Sichtung der Lage und der Brandbekämpfung das Anbringen von Schlepptrossen: An diesen könnten Schlepper die Felicity Ace in Richtung der Inselgruppe ziehen. Denn egal, was zu tun ist: Windgeschützt und idealerweise mit Verbindung zum Land arbeite es sich viel besser, sagt Jäde, der selbst das Kapitänspatent hat. Sei das Arbeiten an Deck und damit das Abschleppen nicht möglich, würde das Schiff von außen mit Löschkanonen gekühlt. Bis dann irgendwann klar wird, ob sich das Schiff reparieren lässt - und ob womöglich das ein oder andere Auto sogar noch fahrtüchtig ist.

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