Süddeutsche Zeitung

Schifffahrt:Warum immer wieder Container im Meer landen

Dass ein Frachter auf hoher See Container verliert, ist nicht ungewöhnlich. Das Ausmaß bei der "MSC Zoe" überrascht dennoch. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Von Angelika Slavik, Hamburg

Der Welthandel braucht die Schifffahrt. Ob Handys, Schuhe, Möbel oder Autoersatzteile - all das wird auf dem Seeweg transportiert, meistens in Containern. Nun aber hat die MSC Zoe, eines der größten Frachtschiffe der Welt, einen beachtlichen Teil ihrer Ladung auf hoher See verloren. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was ist passiert?

Die MSC Zoe ist ein Schiff mit einer Ladekapazität von mehr als 19 000 Standardcontainern (TEU) und damit eines der größten Containerschiffe der Welt. Sie geriet auf dem Weg von Sines in Portugal nach Bremerhaven in einen Sturm - dabei gingen bis zu 270 Container über Bord.

Ist die Ladung nicht gesichert?

Doch. Auf den meisten Containerschiffen werden sogenannte "Twistlocks" verwendet. Das ist eine Sicherungsvorrichtung, die an den (genormten) Containerecken angebracht wird und die Container miteinander oder mit dem Schiff verbindet. Die unteren Reihen werden zudem mit Zellgerüsten aus Metall gesichert.

Wieso geht dennoch Fracht über Bord?

Wenn ein Schiff in einen schweren Sturm gerät, besteht die Gefahr, dass es zu "rollen" beginnt, dass es also um die Längsachse stark schwankt. Mit verschiedenen baulichen Vorrichtungen am Schiff soll dem Rollen entgegen gewirkt werden. Manchmal aber ist der Seegang stärker. Je länger das Rollen anhält, desto mehr Schwung bekommt auch die Ladung - und im ungünstigsten Fall rutscht ein Teil davon dann ins Meer.

Passiert das öfter?

Ja. Ein so großer Verlust wie bei der MSC Zoe ist aber ungewöhnlich. Das World Shipping Council gibt die Zahl der Container, die weltweit auf hoher See verloren werden, mit durchschnittlich 612 pro Jahr an - bei normalem Schiffsverkehr. 2013 brach das Containerschiff MOL Comfort mitten im Arabischen Meer auseinander. Die Besatzung konnte sich retten, die 4382 Container umfassende Ladung war verloren.

Welche Folgen hat das für die Umwelt?

Auf einigen niederländischen Inseln wurde bereits Strandgut angespült, das von der MSC Zoe stammt. Darunter befanden sich Flachbildschirme, Plastik-Ponys und Ikea-Möbel - und möglicherweise auch eine giftige Substanz. Denn einer oder mehrere der verlorenen Container sollen Gefahrgut enthalten. Die Rede ist von Dibenzoylperoxid, einem Mittel, das für die Kunststoffproduktion verwendet wird. Für die Nordsee-Insel Borkum haben die Behörden deshalb eine Warnung ausgegeben: Bürger sollen angeschwemmte Container nicht berühren und die Behörden verständigen. Abhängig vom Inhalt können Container zudem monatelang auf der Wasseroberfläche treiben. Das macht sie zu einem Risiko für kleinere Schiffe oder Segelyachten.

Darf man angespülte Fracht behalten?

Die Warnung der Behörden, angeschwemmte Container nicht zu berühren, sollte man unbedingt berücksichtigen. Angespültes gehört grundsätzlich dem Eigentümer, der Fund muss also gemeldet werden. Realistisch wird aber wohl niemand pinke Plastikpferde oder Ikea-Stühle zurückfordern, die schon in Salzwasser gebadet haben. Wer in den Niederlanden fündig wird, darf angeschwemmte Gegenstände hingegen ohne Einschränkung behalten.

Wer räumt das auf?

Die Containerreederei MSC hat nach eigener Aussage bereits eine Spezialfirma beauftragt, die nun die Container wieder aus dem Meer fischen soll. Solche Spezialschiffe suchen unter anderem mit Sonar-Technik nach der verlorenen Ladung.

Zahlt die Versicherung?

Containertransporte sind in der Regel sehr gut versichert - im konkreten Fall gibt es aber noch keine Angaben dazu, ob bei der Verladung geschlampt wurde. Das werde noch untersucht, heißt es bei der Reederei.

Hinweis: In einer früheren Version dieses Textes hieß es, man dürfe Strandgut in Deutschland grundsätzlich behalten. Das stimmt nicht. Wir bedauern den Fehler.

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Quelle:
SZ vom 04.01.2019/lüü/cat
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