Mautdebakel:Für Scheuer wird es brenzlig

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Im Juli versprach Verkehrsminister Andreas Scheuer Transparenz und präsentierte einen Ordner. Die Grünen monieren, dass die Aktenlage dünn ist. (Foto: Jörg Carstensen/dpa)
  • Angesichts drohender Schadenersatzforderungen nach dem Scheitern der Maut vor dem Europäischen Gerichtshof kündigte Verkehrsminister Andreas Scheuer an: "Wir stehen für maximal mögliche Transparenz."
  • Daran haben die Grünen Zweifel: Sie werfen dem CSU-Mann vor, er halte wichtige Unterlagen unter Verschluss.

Von Markus Balser, Berlin

Die Offenheit seines Ministeriums sollte per Bild ins ganze Land gehen. Als Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) das Mautdebakel Ende Juli im Verkehrsausschuss des Bundestags erklären musste, brachte er für die laufenden Kameras einen ganzen Rollwagen voller Akten mit. Scheuer ging nach dem Scheitern des CSU-Prestigeprojekts vor dem Europäischen Gerichtshof und angesichts drohender Schadenersatzforderungen der Betreiber in die Offensive: Mauscheleien habe es nie gegeben, erklärte der Minister und kündigte an: "Wir stehen für maximal mögliche Transparenz."

Doch wie transparent der Minister wirklich mit dem brisanten Thema umgeht, daran gibt es im Bundestag Zweifel. In einem aktuellen Brandbrief an Scheuer werfen die Grünen dem Minister nach Informationen der Süddeutschen Zeitung Blockade vor. Scheuer halte entgegen seiner öffentlichkeitswirksamen Ankündigung "wichtige Unterlagen gezielt unter Verschluss", kritisiert Stephan Kühn, der verkehrspolitische Sprecher der Fraktion in dem Papier an den "sehr geehrten Herrn Bundesminister". "Sie haben offensichtlich nicht alle Dokumente an den Verkehrsausschuss übermittelt", ärgert sich Kühn in dem Brief vom Mittwoch.

Die Lage für Scheuer könnte nun brenzlig werden. Denn die Grünen stellten in dem Schreiben ein neues Ultimatum. Bis zum 21. August soll der Minister nun die "fehlenden Dokumente, Vorlagen und Gutachten vollständig und ungeschwärzt" nachliefern. Lenkt er nicht ein, drohen die Grünen dem Minister mit monatelangen Untersuchungen und Zeugenvernehmungen. "Entweder wir bekommen die Dokumente, oder wir werden durch einen Untersuchungsausschuss aufklären", sagt der Grünen-Politiker.

"Sehr leere Ordner"

Aus dem Brief geht der ganze Ärger der Opposition über die Informationspolitik des Ministeriums hervor. Kühn beschwert sich darin über "sehr leere Ordner". Nach Durchsicht der Unterlagen sei er "sehr verwundert" darüber, dass im besonders relevanten Zeitraum für die Planung der Maut vom 31. Mai 2017 bis zum 14. Januar dieses Jahres keine Ministervorlagen zu finden seien, schreibt der Verkehrspolitiker. Sollte das Ministerium entsprechende Akten zurückhalten, wäre das ein Affront gegenüber dem Bundestag.

Denn für genau diesen Zeitraum wollen die Abgeordneten aufklären, wie das Ministerium die entscheidenden Vorbereitungen für die Maut vorantrieb, wie die Betreiber und Kontrolleure Ende 2018 ausgewählt wurden und warum das Ministerium die Pläne trotz einer Klage vor dem EuGH gegen das Projekt nicht aussetzte und so hohe Schadenersatzforderungen riskierte. Die Rede ist von mindestens 700 Millionen Euro, die Unternehmen wegen der Nicht-Umsetzung der von Anfang an umstrittenen Abgabe nun fordern könnten.

Der EuGH hatte die Pkw-Maut im Juni gekippt. Weil nur Ausländer belastet werden sollten, sei sie europarechtswidrig. Unklar ist laut dem Schreiben auch, auf welcher Grundlage Scheuer sich "dazu entschlossen hat, das Pkw-Maut-System an private Betreiber zu vergeben", heißt es im dem Brief weiter. Die Lkw-Maut wird vom Bundesunternehmen Toll-Collect betrieben. Scheuer habe es bislang auch versäumt, alle Versionen der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen samt finaler Version vollständig zu veröffentlichen. Vor den Bundestagsabgeordneten hatte Scheuer Ende Juni dazu noch erklärt: "Wir haben Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen gemacht, die ich im Internet veröffentlichen werde - morgen - damit sie auch einer breiten Öffentlichkeit zugänglich sind." Bisher habe das Ministerium aber nur einseitige Zusammenfassungen ins Netz gestellt. Auch die Abgeordneten hätten nicht alle nötigen Papiere bekommen. Bis zuletzt hatte es die Sorge gegeben, dass die Maut zum Zuschussgeschäft werden kann.

Berichte und Gutachten über die Qualität der angelaufenen Arbeiten fehlen Kühn zufolge ebenfalls. Der Bund hatte die Verträge unter Verweis auf Verspätungen gekündigt. So lasse sich nicht kontrollieren, ob dies zutreffe, sagte Kühn. Das Ministerium wies am Freitag auf veröffentlichte Unterlagen und frühere Aussagen des Ministers hin, denen das Ministerium nichts zu verbergen habe. Ob Akten nachgeliefert werden, ließ das Ministerium offen.

© SZ vom 10.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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