Schattenwirtschaft:Schwarzarbeit auf dem Rückzug

Die Schattenwirtschaft kränkelt - auch wenn mit 344 Milliarden unversteuerten Euro immer noch jeder siebte am Staat vorbeigeschleust wird. Verglichen mit den europäischen Nachbarn liegt Deutschland damit im Mittelfeld - und weit entfernt vom enteilten Spitzenreiter.

Die Lage am Arbeitsmarkt ist entspannt, zahlreiche Stellen sind nicht besetzt, die Arbeitslosenquote sinkt seit Jahren. Und weil das so ist, geht auch die Schwarzarbeit zurück. Derzeit wird in Deutschland so wenig schwarz gearbeitet wie schon seit 18 Jahren nicht mehr, das hat das Tübinger Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) berechnet.

Trotzdem gehen die schwäbischen Volkswirte in ihrer jährlichen Schattenwirtschaftsprognose davon aus, dass in Deutschland immer noch jeder siebte Euro am Fiskus vorbeigeschleust wird. Im vergangenen Jahr wurden also circa 344 Milliarden Euro nicht versteuert.

Trotz der erschreckend hohen Zahlen sei die Politik auf dem richtigen Weg und sorge seit mehreren Jahren dafür, dass reguläre Beschäftigungsverhältnisse attraktiver werden, sagt der Leiter des Instituts, Bernhard Boockmann. Allein durch die Senkung der Rentenbeiträge von 19,9 auf 19,6 Prozent werde die Schattenwirtschaft in diesem Jahr laut Prognose noch einmal um 650 Millionen Euro schrumpfen - weil reguläre Arbeit dadurch billiger werde.

Langfristig müsse die Politik versuchen, die Arbeitslosigkeit weiter zu senken, sagt Bookmann. "Alle versuchen, in das bestmögliche Arbeitsverhältnis zu kommen. Wer eine reguläre Beschäftigung findet, hat in der Regel kein Interesse mehr an Schwarzarbeit." Die Einführung des Mindestlohns in der Zeitarbeitsbranche verschaffe der Schwarzarbeit allerdings Aufwind, weil reguläre Arbeit dadurch teurer werde. Die IAW-Experten rechnen damit, dass die Schattenwirtschaft in diesem Jahr noch einmal um 1,65 Milliarden Euro zurückgehen wird. Besonders häufig wird bei Handwerkerarbeiten schwarz gearbeitet. Aber auch im Haushalt werden viele Putz- und Bügelhilfen entlohnt, ohne Steuern zu zahlen.

Im europäischen Vergleich liegen die Deutschen mit ihrer Steuermoral im Mittelfeld. Negativer Spitzenreiter ist Griechenland. Die Schattenwirtschaft dort hat einen Anteil von fast 25 Prozent am Bruttoinlandsprodukt, jeder vierte Euro fließt also am Fiskus vorbei. Weit oben in der Rangliste: Italien mit 21,6 Prozent, Portugal mit 19,4 Prozent und Spanien mit 19,2 Prozent. Vorbildlicher sind dagegen die USA, die Schweiz und Österreich. Hier liegt das Niveau der Schattenwirtschaft deutlich unter 10 Prozent.

Die aktuellen Sanierungsprogramme für die Staatshaushalte könnten die Schwarzarbeit sogar noch begünstigen, warnt Boockmann. "Wenn die Abgaben auf den Faktor Arbeit erhöht werden, dann vergrößert sich die Schere zwischen Bruttoeinkommen und Nettoeinkommen - und damit steigt der Anreiz für Schattenwirtschaft." In Griechenland gebe es beispielsweise viele Ausgangsbedingungen, die die Schattenwirtschaft begünstigten. "Es gibt eine sehr komplexe Bürokratie und ein extrem komplexes Steuersystem. Um die vielen bürokratischen Hürden zu umgehen, führen viele ihr Unternehmen dann lieber illegal, anstatt es anzumelden."

Auch die Wirtschaftsstruktur des Landes sei ein Grund für die ausufernde Schwarzarbeit. "In Griechenland gibt es wesentlich mehr Selbständige als in Deutschland. Vor allem gibt es sehr viele kleine Betriebe - und in diesem Bereich ist die Schattenwirtschaft sehr viel weiter verbreitet als in größeren Unternehmen."

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