Schäuble-Vorschlag zur Einkommensteuer:Steuerrevolution? Ja, bitte

Wolfgang Schäubles Vorschlag zur Reform der Einkommensteuer birgt zwar ein Problem. Doch insgesamt ist er sinnig - auch über den fiskalischen Nutzen hinaus.

Guido Bohsem

Nun also auch Wolfgang Schäuble. Was alle Finanzminister vor ihm nicht geschafft haben, daran ist auch er gescheitert - auch ihm gelingt es nicht, die Gewerbesteuer abzuschaffen. Die Verbände der Kommunen und der Städtetag haben sich erneut und erfolgreich gegen den Angriff auf ihre wichtigste Einnahmequelle gestemmt. Da nun auch die erklärten Gewerbesteuer-Gegner aus FDP und Union ihre Waffen strecken, wird sie wohl erhoben bis zum Ende der Welt.

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Wolfgang Schäuble plant eine Reform der Einkommensteuer.

(Foto: AFP)

Das ist schade, denn die Gewerbesteuer hat ihre Schwächen. Sie ist hochgradig instabil. Läuft es gut in der Wirtschaft, sprudelt das Geld. Herrscht Flaute, versiegt die Quelle. Mehr noch: Weil es in vielen Städten und Gemeinden nur ein, zwei große Gewerbesteuer-Zahler gibt, sind viele Kommunen auf das Wohl und Wehe dieser Unternehmen angewiesen. Auch der beste Kämmerer der Welt kann unter diesen Bedingungen keinen verlässlichen Haushalt aufstellen.

Schäubles Niederlage enthält allerdings auch eine große Chance. Der Finanzminister bietet den Kommunen an, dem Wackelkandidaten Gewerbesteuer einen soliden Partner zur Seite zu stellen: Künftig sollen sie einen eigenen Steuersatz auf die Einkommen ihrer Bürger erheben dürfen. Die konjunkturelle Schwankung der Gewerbesteuer wird dadurch gemildert. Zudem dämpft der eigene Einkommensteuersatz die Unsicherheit der kommunalen Planer, ob das Schwimmbad oder das Theater auch Ende des Jahres noch zu finanzieren sind.

Ja, der Vorschlag birgt auch ein Problem. Wahrscheinlich wären die reichen Bürger versucht, aus den Hochsteuer-Städten ins Niedrigsteuer-Umland zu ziehen - so, wie das heute schon manches Unternehmen tut, um der hohen Gewerbesteuer zu entkommen. Um das zu verhindern, muss neu über den kommunalen Finanzausgleich nachgedacht werden. Eine Idee wäre, sich nicht mehr in Stadt-Land-Kategorien zu organisieren, sondern in Regionen. Gleiche Steuern im Großraum Köln - warum nicht?

Diese Umstellung mag kompliziert sein, doch lohnte sich die Mühe. Denn über den fiskalischen Nutzen hinaus ist Schäubles Idee geeignet, das Interesse der Bürger an der Kommunalpolitik wieder zu erwecken. Das Vorhaben könnte sie aus der Teilnahmslosigkeit reißen, mit der sie wichtige Entscheidungen am Ort ignorieren - obwohl der Stadtrat ihr Leben manchmal stärker bestimmt als der Bundestag. Vielleicht wäre Stuttgart21 weitaus früher öffentlich diskutiert worden, wenn die Bürger der Stadt früh gemerkt hätten: Da geht es um unser Geld, um die Steuer, die wir zahlen.

So könnte die Politik wieder sehr unmittelbar werden. Ein Bürgermeister könnte seine Bürger bei einer Wahl vor die Entscheidung stellen, ob sie höhere Steuern und dafür renovierte Schulen wollen - oder nicht. Die politische Auseinandersetzung würde ihre Blutleere verlieren. Kommunale Einkommensteuer? Ja bitte! Sehr gerne.

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