Süddeutsche Zeitung

Autozulieferer:Schaeffler will von US-Subventionen profitieren

Der Autozulieferer will künftig nicht mehr so viel in Europa investieren, sondern vor allem in den USA und China. Schaeffler-Chef Rosenfeld will "weg von Überregulierung, weg von Verbotskultur".

Von Uwe Ritzer, Nürnberg

Das vergangene Jahr auf einer Schwierigkeitsskala von eins bis zehn? "Zwischen acht und neun", sagt Klaus Rosenfeld. "Und wenn Sie mich fragen, wie wir uns geschlagen haben, dann auch zwischen acht und neun." Der Vorstandschef der Schaeffler AG ist zufrieden, zumindest einigermaßen. Den Umsatz währungsbereinigt um 9,4 Prozent auf 15,8 Milliarden Euro gesteigert, ein, gemessen zum Vorjahr, zwar um fast ein Viertel gesunkener, aber immer noch akzeptabler Konzerngewinn von 557 Millionen Euro - das sei angesichts der kompliziert gewordenen Umstände keineswegs glänzend, aber "solide". Und ein Zeichen von Resilienz des Konzerns, findet Rosenfeld.

Sein Blick in die Zukunft fällt trotzdem vorsichtig aus, denn steigende Kosten für Material und Energie setzen dem Industriekonzern zu. Für das laufende Jahr erwartet Schaeffler ein Wachstum zwischen fünf und sieben Prozent - eine zurückhaltende Prognose. Die Auftragsbücher der drei Sparten Automotive, Industrie und Ersatzteilgeschäft (Aftermarket) sind zwar gut gefüllt, aber die Gewinnmarge schwächelt. Mit 6,6 Prozent lag sie 2,2 Prozentpunkte niedriger als 2021.

In China will Schaeffler mehr für den dortigen Markt produzieren

Investieren will der fränkische Familienkonzern (83 000 Beschäftigte) in naher Zukunft nicht in erster Linie in Europa, sondern vor allem in China und den USA. In den beiden Ländern macht Schaeffler fast die Hälfte seines Geschäfts. Das Wachstumspotenzial dort sei keineswegs ausgeschöpft, sagt Rosenfeld. Und: "Die Antwort auf die geopolitische Situation ist mehr Lokalisierung in China und mehr Investitionen in den USA. Wir müssen mehr in Amerika machen und ganz bewusst die Chancen, die wir dort haben, nutzen." Das sind vor allem: Elektromobilität, Wasserstoff, Erneuerbare Energien. Zudem hat die Regierung in Washington ein großes Subventionsprogramm auf den Weg gebracht, den Inflation Reduction Act (IRA), von dem auch Schaeffler profitieren will. Und in China gelte es, sich von Abhängigkeiten dergestalt zu befreien, "dass man selber mehr in China macht", so Rosenfeld. Regionale Kreisläufe stärken durch Investitionen, das ist der Plan.

Und in Europa?

Der amerikanische IRA führe "hoffentlich dazu, dass wir in Europa ein Umdenken erleben, weg von Überregulierung, weg von Verbotskultur hin zu etwas, das den Stärken in Europa Rechnung trägt", sagt Rosenfeld. Er wünscht sich industriepolitisch mehr deutsch-französische Zusammenarbeit und auf EU-Ebene jenen Pragmatismus, denn die US-Regierung mit ihrem Förderprogramm zeige. Schaeffler werde sich nicht aus Europa zurückziehen, auch nicht aus Deutschland. "Aber die Investitionen gehen vor allem dahin, wo die Zukunfts-Wachstumschancen sind."

Für sich betrachtet kommt Rosenfeld beim Umbau des jahrzehntelang mechanisch geprägten Wälzlagerherstellers zu dem, was er "einen integrierten Technologiekonzern" nennt, voran. Schaeffler partizipiert an der Elektromobilität; der Auftragseingang aus diesem Sektor ist allein 2022 um fünf Milliarden Euro gestiegen. Vor allem aber wächst das neu ausgerichtete Industriegeschäft; im vergangenen Jahr um währungsbereinigt 14,7 Prozent und damit mehr als doppelt so stark wie die Sparten Automotive und Aftermarket. Letzteres, das Geschäft mit Ersatzteilen also, ist die jüngste der drei Säulen, auf denen Schaeffler ruht. Die Diversifikation sei wichtig, um Schaeffler zukunftssicher zu machen, sagt Klaus Rosenfeld.

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