Schaeffler und Continental:Frieden? Welcher Frieden?

Conti-Aufsichtsrat Koerfer ist zugleich Rechtsberater der Familie Schaeffler - und damit in einem Interessenkonflikt. Der Streit schwelt schon lange. Gibt es bald eine Lösung?

Karl-Heinz Büschemann

Wolfgang Reitzle hat sich nichts anmerken lassen. Eine ganze Hauptversammlung lang musste der Aufsichtsratschef der Continental AG ertragen, dass praktisch nur über ein Thema diskutiert wurde: über den Rechtsanwalt Hans Rolf Koerfer, der im Aufsichtsrat von Conti sitzt. Dort aber, so die Kritiker, habe er nichts zu suchen, weil er sich als Rechtsberater der Familie Schaeffler in einem Interessenkonflikt befinde und deswegen nicht Mitglied des Aufsichtsrates sein dürfe. Reitzle soll nach der Hauptversammlung im April sehr aufgebracht gewesen sein. Der Vorstandschef der Linde AG sei verärgert gewesen, weil in der Aktionärsversammlung nicht über das Geschäft des Autozulieferers gesprochen wurde, sondern fast nur über die Personalie.

Conti-Aufsichtsratschef Koerfer gerät unter Druck

Der Conti-Aufsichtsratsvorsitzende Rolf Koerfer ist zugleich Rechtsberater der Familie Schaeffler.

(Foto: dpa)

Reitzle wird sich noch einige Zeit mit diesem Thema herumschlagen müssen. Die Familie Schaeffler, die 42,17 Prozent an Conti hält - weitere knapp 33 Prozent sind für Schaeffler bei Banken geparkt -, scheint nicht daran zu denken, den umstrittenen Anwalt aus dem Aufsichtsrat abzuberufen und das Gremium damit zu befrieden.

"Warum sollen wir Herrn Koerfer aus dem Aufsichtsrat nehmen?", fragte Schaeffler-Geschäftsführer Jürgen Geißinger im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung. "Er leistet in dem Gremium gute Arbeit im Interesse der Continental AG." Es hätten sich einige Aktionäre offenbar auf Koerfer eingeschossen, klagt Geißinger. "Das ist aber kein Grund, Herrn Koerfer aus dem Gremium zurückzuziehen."

Spannungen von Anfang an

Zwischen beiden Unternehmen gibt es Spannungen, seit das fränkische Familienunternehmen Schaeffler im Juli 2008 die Übernahme von Continental gestartet hatte. Bei Conti gab es sofort erheblichen Widerstand gegen den neuen Großaktionär. Auf beiden Seiten wird aber eingeräumt, dass auf der Ebene einzelner technischer Projekte die Zusammenarbeit gut laufe.

Doch die Personalie Koerfer steht als besonderes Hindernis zwischen beiden Unternehmen, seit das Landgericht Hannover in einem Urteil im Frühjahr feststellte, dass sich Koerfer bei Conti "in einem wesentlichen und nicht nur vorübergehenden Interessenkonflikt" befinde. Ein solcher Konflikt soll nach den Regeln des Deutschen Corporate Governance Kodex zur Beendigung der Aufsichtsratstätigkeit führen. Koerfer, der seit vielen Jahren die Familie Schaeffler anwaltlich berät, hatte sich geweigert, bei seiner Berufung zum Aufsichtsratsmitglied sein enges Verhältnis zur Familie darzulegen. Conti-Aktionäre hatten daraufhin gegen die Bestellung Koerfers als Aufsichtsratsmitglied geklagt.

Koerfer hat sich, wie Zeugen berichten, durch rüden Ton gegenüber den Arbeitnehmervertretern in die Kritik gebracht. "Der hat die Arbeitnehmer behandelt wie den letzten Dreck", berichtet ein Aufseher von der Kapitalseite. Denn auch unter den Vertretern der Kapitalseite ist Koerfer umstritten. Nur die Vertreter von Schaeffler und der frühere Industriepräsident Hans-Olaf Henkel unterstützen den Familien-Vertrauten. Bei den Banken, die große Teile des Conti-Kaufs finanzierten, wird Koerfers Verbleib im Conti-Aufsichtsrat dagegen kritisch gesehen.

Es sei "nicht geschickt" von der Familie, an Koerfer festzuhalten, sagte ein Mitglied der Kapitalseite im Aufsichtsrat. Mancher im Continental-Kontrollgremium hatte die Hoffnung geäußert, die Familie Schaeffler werde Koerfer aus dem Conti-Aufsichtsrat abziehen und den Vertrauten ohne Gesichtsverlust in das Kontrollgremium der gerade neu geschaffenen Schaeffler KG berufen. Das tat die Familie jedoch nicht. Bei Continental ist allerdings zu hören, man könne sich nicht vorstellen, dass der Streit um Koerfer lange weiterschwelt. "An diesem Thema wird gearbeitet", heißt es.

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