Schaden in Milliardenhöhe:Dax-Elite im Lehman-Strudel

VW, Siemens - aber auch die Böckler-Stiftung und die SOS Kinderdörfer: Die Liste der Lehman-Geschädigten liest sich wie das Who 's who der deutschen Top-Konzerne und Organisationen.

Tobias Dorfer

Dass die deutschen Finanzkonzerne hohe Forderungen an die kollabierte US-Bank Lehman Brothers haben, das ist nachvollziehbar. Doch neben den Finanzunternehmen ist auch das Who 's who der deutschen Dax-Unternehmen unter den Gläubigern zu finden. Das geht aus einer Liste des amerikanischen Forderungsverwalters Epiq hervor, der die Ansprüche aller Lehman-Gläubiger in einer Datenbank zusammengefasst hat.

Lehman Brothers, Foto: AP

Der Untergang von Lehman Brothers hat auch bei vielen Dax-Konzernen zu finanziellen Schäden geführt.

(Foto: Foto: AP)

Demnach macht der Volkswagen-Konzern gegen die Überreste von Lehman Brothers Ansprüche in Höhe von 224 Millionen Dollar (152 Millionen Euro) geltend, beim Energiekonzern Eon summieren sich die Forderungen auf etwa 63 Millionen Euro (43 Millionen Euro) und bei Siemens beträgt der Schaden mehr als 140 Millionen Dollar. So geht es immer weiter. Die Lufthansa taucht ebenso mit einer zweistelligen Millionen-Forderung auf wie der Energiekonzern RWE. Auch bei Telekom, Post, Linde und BMW steht Lehman Brothers offenbar in der Kreide - allerdings mit weitaus kleineren Beträgen.

Wortkarge Unternehmen

Die Unternehmen selbst schweigen jedoch. Die Eon-Pressestelle ist auf Anfrage von sueddeutsche.de rigoros: "Kein Kommentar", sagte ein Sprecher. Auch bei Volkswagen gibt man sich schmallippig. Ein Siemens-Sprecher bestätigte der Financial Times Deutschland grundsätzliche Schäden, machte jedoch keine Angaben zur Höhe. Bei Siemens entfallen die Ansprüche demnach auf einen Spezialfonds für Pensionen der Mitarbeiter. "Die Auswirkungen auf das insgesamt verwaltete Pensionsvermögen für Siemens sind sehr gering", sagte ein Sprecher dem Bericht zufolge. Auch die Lufthansa wollte sueddeutsche.de die Ansprüche nicht bestätigen. Im Rahmen der Lehman-Pleite habe der Konzern "sämtliche Geschäftsbeziehungen" zu der Bank und ihren Gesellschaften überprüft, sagte ein Unternehmenssprecher. "Alle notwendigen Maßnahmen zur bestmöglichen Sicherung von Ansprüchen wurden unternommen."

Geschädigt sind der Epiq-Liste zufolge auch gemeinnützige Organisationen - etwa die Klaus-Tschira-Stiftung, bei der sich demnach Forderungen in Höhe von mehr als 900 Millionen Dollar türmen. Der Vermögensverwalter der Stiftung sagte zu sueddeutsche.de, der Betrag resultiere aus einem entgangenen Gewinn einer Aktienkurs-Versicherung. So habe die Stiftung den Wert ihrer SAP-Aktien mit einer Lehman-Versicherung gegen Kursverluste abgesichert. Als im Zuge des Crashs auch der SAP-Kurs einbrach, hätte die Versicherung gegriffen - wenn Lehman nicht pleitegegangen wäre. Der Verwalter ist jedoch zuversichtlich, sich "einen ordentlichen Batzen" des entgangenen Gewinns aus der Konkursmasse sichern zu können.

Böckler-Stiftung klagt

Die Hans-Böckler-Stiftung bestätigte sueddeutsche.de einen Anspruch von zwei Millionen Euro. Sie resultieren aus einem "festverzinslichen Wertpapier mit 100-prozentigem Kapitalschutz", wie ein Sprecher sagte. Hierbei habe man Klage gegen die Hausbank eingereicht, denn man habe ursprünglich festgelegt, dass nur Investments getätigt werden sollen, die unter die Einlagensicherung des Bundesverbands deutscher Banken fallen.

Bereits bekannt sind die massiven Forderungen deutscher Institute. Der Bundesverband deutscher Banken fordert der Epiq-Liste zufolge mehr als 25 Milliarden Dollar, die Bundesbank etwa zehn Milliarden, die Deutsche Bank macht Ansrüche in Höhe von 6,3 Milliarden Dollar geltend, die Commerzbank 4,9 Milliarden Dollar und die Staatsbank KfW 514 Millionen Dollar. Auch die Postbank ist betroffen - ein Konzernsprecher sagte sueddeutsche.de, das Institut habe gegen Lehman Brothers Ansprüche in Höhe von 550 Millionen Euro. Diese Forderungen seien inzwischen bis auf 35 Prozent abgeschrieben. Den Rest hoffe man noch zu bekommen. Auch die Hypo-Vereinsbank ist in der Epiq-Liste aufgeführt - mit einem Schaden von 143 Millionen Dollar.

Selbst die SOS Kinderdörfer werden als Lehman-Gläubiger geführt - im Verhältnis zu den Banken allerdings mit einem überschaubaren Anspruch. Er beträgt etwa 22.000 Dollar.

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