Stahlindustrie:Billige Konkurrenz, teurer Strom

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Edelstahl-Rollen im Kaltwalzwerk von Outokumpu in Krefeld: Das Material ist teurer als gewöhnlicher Stahl. (Foto: Outokumpu)

Outokumpu ist der größte Edelstahl-Hersteller Europas. Die Finnen haben auch in Deutschland Werke, doch der Finanzchef klagt über die hohen Energiepreise und die Importe aus China.

Von Björn Finke, Krefeld

In der Fabrikhalle im niederrheinischen Krefeld liegen mächtige Stahlblech-Rollen in Reih und Glied, jede Rolle gut 20 Tonnen schwer. Sie werden hier, im größten deutschen Werk des finnischen Edelstahlkonzerns Outokumpu, flacher gewalzt und nach Kundenwunsch bearbeitet und zugeschnitten. Das börsennotierte Unternehmen aus Helsinki ist Europas größter Hersteller von Edelstahl. Der ist deutlich teurer als gewöhnlicher Stahl, dafür aber dank besonderer Zusätze rostfrei oder sehr hitze- und säurebeständig. Auch Besteck oder Haushaltsgeräte sind aus Edelstahl gefertigt.

Seit Juni ist ein Deutscher Finanzvorstand bei Outokumpu, Marc-Simon Schaar. Das Büro des 47-Jährigen befindet sich im Verwaltungsgebäude nahe des Kaltwalzwerks. Der frühere Unternehmensberater, der Bankkaufmann gelernt und Betriebswirtschaft studiert hat, verteidigt die höheren Preise. „Edelstahl hält länger und benötigt weniger Instandhaltung, wodurch Kostenvorteile entstehen“, sagt er. Der Eiffelturm in Paris wurde mit konventionellem Stahl errichtet: „Wäre er aus Edelstahl, hätte man von den eingesparten Instandhaltungskosten vier Eiffeltürme bauen können.“

Von den 8500 Outokumpu-Beschäftigten weltweit arbeiten 1700 in Deutschland, davon 1000 in Krefeld. Der Konzern übernahm 2012 die Edelstahl-Sparte von Thyssenkrupp, daher rührt die starke Präsenz in Deutschland, dem wichtigsten Edelstahlmarkt Europas. Allerdings steckt die Stahlbranche gerade in der Krise; die miese Konjunktur, hohe Energiekosten und Konkurrenz aus China machen den Herstellern zu schaffen. Bei Thyssenkrupps Stahltochter in Duisburg, 25 Kilometer nordöstlich von Krefeld, bangen gerade Tausende Mitarbeiter um ihre Jobs.

Auch bei Outokumpu warnt die IG Metall vor möglichen Einschnitten und Stellenabbau. Finanzchef Schaar betont jedoch, dass betriebsbedingte Kündigungen nicht zur Debatte stünden. „Wir sprechen mit den Arbeitnehmervertretern unter anderem darüber, das Schichtsystem zu flexibilisieren, um Kapazitäts-Täler abzufangen“, sagt er. „Der Edelstahlmarkt ist unheimlich zyklisch, die Nachfrage schwankt stark, und gerade ist sie eben schwach.“ Dazu kommt noch, dass das Outokumpu-Stammwerk in Tornio, einer Stadt im finnischen Südlappland, nach Worten von Schaar „eines der weltweit effizientesten und nachhaltigsten ist“. Schwächele die Nachfrage, „wollen wir zunächst die Anlagen dort voll auslasten“.

Finanzchef Marc-Simon Schaar ist in Wuppertal geboren und studierte in den Niederlanden und den USA. (Foto: Outokumpu)

Wie andere europäische Stahlmanager auch klagt Schaar über die billigen Importe aus China. „China drückt seine enormen Überkapazitäten auf den Weltmarkt“, sagt der Manager, der seit 2012 bei den Finnen arbeitet. „Wir lieben Wettbewerb, aber bitte zu gleichen Bedingungen.“ So böten chinesische Hersteller trotz Importzöllen und Transportkosten die Tonne Edelstahl in Europa einige Hundert Euro günstiger an, als Outokumpu es könne.

Die Bedrohung aus China könnte noch wachsen, befürchtet Schaar. Die Binnennachfrage in dem Land bleibe schwach, und die USA schotteten sich gegen Stahlimporte ab. Deshalb werde China weiterhin große Mengen in andere Teile der Welt exportieren und Europas Anbietern das Leben schwer machen.

Die Firma denkt über Mini-Reaktoren nach

Ein zusätzliches Problem in Deutschland seien die Energiekosten, sagt er. „Die sind mehr als doppelt so hoch wie in unserem finnischen Werk.“ Die deutsche Industrie benötige eine andere Energiepolitik, „wir brauchen genug Kohlendioxid-freien Strom zu wettbewerbsfähigen Preisen“. Die Elektrizität für den Standort in Südlappland stammt aus Wind-, Wasser- und Kernkraft. Die Konzern-Führung denkt sogar darüber nach, in Tornio einen sogenannten kleinen, modularen Reaktor bauen zu lassen, also ein Mini-Kernkraftwerk, das klimafreundlichen Strom nur für die Fabrik liefert. Es laufen Studien dazu, eine Entscheidung ist noch nicht gefallen.

Schaar betont allerdings, dass die üppigen Energiepreise in Deutschland nicht das einzige Ärgernis für die Industrie seien. „Wichtig wären auch weniger Bürokratie, schnellere Genehmigungen und stabile Rahmenbedingungen“, sagt er. Deutschland sei ein bedeutender und innovativer Markt. „Aber im Moment wird es einem verdammt schwer gemacht, Investitionen hier zu rechtfertigen, weil man nicht kalkulieren kann, ob sie sich in fünf oder zehn Jahren rentieren.“

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