Saudis ziehen Geld aus USA ab:Die Flucht der Petro-Dollars

Gut 60 Jahre hält nun schon die amerikanisch-saudische Freundschaft, dafür haben vor allem gute Geschäfte gesorgt. Doch das Verhältnis ist getrübt.

Marc Hujer

(SZ vom 14.05.2003) — Mehr als 120 große US-Konzerne haben sich in Saudi Arabien niedergelassen, darunter Boeing und die Citibank.

Doch seit dem 11. September 2001 wird das Verhältnis immer wieder auf die Probe gestellt. Seit geraumer Zeit beklagen US-Unternehmen dramatische Umsatzeinbußen in Saudi Arabien, und an der Wall Street geht gelegentlich das Gerücht um, die Saudis würden einen Teil ihres milliardenschweren Vermögens abziehen, um der US-Wirtschaft zu schaden.

Die amerikanisch-saudischen Wirtschaftsbeziehungen haben in den vergangenen Jahren Schaden genommen, insbesondere zulasten der Vereinigten Staaten. Zwar sind die USA mit einem Anteil von 19 Prozent noch immer der wichtigste Lieferant Saudi-Arabiens, gefolgt von Japan mit zehn Prozent und Deutschland mit acht Prozent.

Euro bevorzugt

Allerdings sind die Exporte in den vergangenen Jahren erheblich zurückgegangen. 2002 lieferten US-Firmen nur noch Produkte im Wert von 4,7 Milliarden Dollar, so wenig wie seit 1991 nicht mehr.

Insbesondere nach dem 11. September sind die US-Exporte eingebrochen, um nahezu 50 Prozent binnen eines halben Jahres. Profitiert haben davon Nachbarstaaten Saudi Arabiens, vor allem Jordanien.

Ein Grund für die schlechteren Absatzchancen sind neben auslaufenden Rüstungsaufträgen zahlreiche Boykottaufrufe anti-amerikanischer Gruppen. Sie treffen insbesondere Lebensmittelhersteller und Fastfoodketten. McDonald's hat angekündigt, 100 Filialen in Saudi Arabien schließen zu wollen.

Auch verzichten Saudis inzwischen auf die sonst beliebten Urlaubsreisen in die USA. Die Zahl der USA-Touristen sank im vergangenen Jahr um 40 Prozent, für die amerikanische Tourismusindustrie bedeutete das Einbußen von knapp 200 Millionen Dollar.

Für die US-Wirtschaft sind die Verluste zu verschmerzen, denn gemessen an den gesamten Exporten der USA macht Saudi Arabien nur einen verschwindenden Bruchteil aus.

Wichtiger ist die Stabilität der Öllieferungen aus Saudi Arabien. Zwar ist Riad nicht der wichtigste Öllieferant der Vereinigten Staaten. Kanada etwa liefert mehr Öl. Die Tatsache jedoch, dass Saudi Arabien die größte Förderkapazität der Welt hat und einspringen kann, wenn es einen Engpass gibt, machen es zu einem unverzichtbaren Partner.

Im vergangenen Jahr importierten die USA für 13 Milliarden Dollar Produkte aus Saudi Arabien, vor allem Öl. Das ist deutlich mehr als Anfang der neunziger Jahre.

Ein großer Teil der Ölerlöse ist in die USA zurückgeflossen - auch das ist heute eine Hypothek für die amerikanische Volkswirtschaft. Das Vermögen der Saudis in den Vereinigten Staaten wird auf 400 bis 600 Milliarden Dollar geschätzt.

Es ist unter anderem in Aktien und Wertpapieren angelegt und kann relativ leicht abgezogen werden. Viele Saudis haben vor allem die neuen amerikanischen Bankengesetze verschreckt. So hat Washington nun das Recht, Vermögen von Personen zu konfiszieren, die unter Verdacht stehen, mit Terroristen Verbindungen zu halten.

Schätzungen zufolge haben die Saudis seit dem 11. September mehr als 100 Milliarden Dollar in Euros umgeschichtet. Das Geld haben sie in Europa vor allem in Immobilien angelegt. Auch verzichten die Saudis inzwischen weitgehend auf Direktinvestitionen in neue Firmen, sagt Brad Bourland, Chefökonom der Saudi American Bank.

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