Prinz Alwaleed bin Talal fühlt sich bedroht. Nicht nur sich, sondern sein ganzes Land. Der saudische Milliardär und Großinvestor schrieb im Frühjahr dieses Jahres einen Brief an den für das Öl zuständigen Minister Saudi-Arabiens. Darin prophezeite er, dass die USA aufgrund des Shale-Booms im eigenen Land ihr Interesse an den saudischen Ölexporte zunehmend verlieren werden - und klagte, dass Saudi-Arabiens Wirtschaft noch immer zu sehr auf diese eine Ressource konzentriert sei: "Unser Land ist fast komplett vom Öl abhängig und das sollte uns allen Sorgen machen", schrieb der Investor.
Alwaleed bin Talal Sorgen sind begründet. Saudi-Arabien ist nichts ohne sein Öl. Das Königreich besitzt etwa 25 Prozent der weltweiten Ölreserven, die Einnahmen aus dem Rohstoff machen nach Angaben des Internationalen Währungsfonds (IMF) mehr als 80 Prozent aller Exporte und 90 Prozent der Budgeteinnahmen aus.
Dabei hat das Land schon Ende der 90er Jahre begriffen, dass es nicht ewig seinen Reichtum aus dem Boden zieht kann. Schon zu dieser Zeit beschloss das Königreich ein Reformprogramm, 2005 dann trat das Land der World Trade Organization (WTO) bei, in den darauffolgenden Jahren kamen immer neue Projekte hinzu: Abseits des Ausbaus der Petrochemie verspricht sich der Staat vor allem viel von den "Economic Citys".
Vier Mega-Städte stampfen die Saudis hier aus dem Boden, strategisch über das ganze Land verteilt. Zentren der Zukunft, der Technologie, der Privatindustrie - und, wie die Saudis es sich wünschen, vor allem Zentren der ausländischen Investitionen. Jede Stadt soll dabei bestimmte Industriebereiche bedienen: Die King Abdullah Economic City zwischen Mekka und Medina aufgrund ihrer Lage am Meer zum Beispiel unter anderem die Hafenlogistik, die Prince Abdulaziz Bin Mousaed Economic City (PABMEC) im Zentrum des Landes, entlang zentraler Handelsstraßen gelegen, vor allem Bau und Landwirtschaft.
Daneben will das Königreich bis 2020 allein 900 Milliarden US-Dollar in den Ausbau seiner Infrastruktur pumpen: Erst im Juli dieses Jahres hat das Land einen Großauftrag für ein U-Bahn-System in der Hauptstadt Riad an drei Firmenkonsortien vergeben, unter anderem wird auch Siemens am neuen Transportsystem beteiligt sein. In Mekka und Dschidda sind bereits ähnliche Projekte geplant.
Saudi-Arabien ist sich bewusst, dass sein Öl allein für die Zukunft nicht ausreicht. Dass die Wirtschaft vielfältiger werden muss, wenn das Königreich weiter so hohe Wachstumszahlen erreichen will wie bisher - in den vergangenen Jahren lag das reale Wirtschaftswachstum stets bei etwa sechs Prozent, Saudi-Arabien gilt damit als eine der erfolgreichsten Volkswirtschaften innerhalb der G20-Staaten.
Um diesen Status halten zu können, arbeitet Saudi-Arabien nicht nur am Ausbau von Logistik, Infrastruktur und Privatindustrie, sondern auch am Finanz- und Bankensektor. Erst Anfang des Jahres hat das Königreich die Basel-III-Regelungen zu Kapitalquote und Verschuldung für Banken umgesetzt.