Softwarekonzern:SAP streicht mehr Stellen als geplant

Lesezeit: 2 Min.

Beim Softwarekonzern SAP werden dieses Jahr mehr Mitarbeiter gehen als geplant. (Foto: Arnd Wiegmann/REUTERS)

Ursprünglich wollte der Technologiekonzern weltweit 8000 Jobs abbauen, um den Konzern fit für die Ära der künstlichen Intelligenz zu machen. Weil mehr Mitarbeiter gehen wollen, rechnet SAP nun mit bis zu 10 000 Abgängen.

Von Tobias Bug

Eigentlich wollte SAP dieses Jahr weltweit rund 8000 Stellen streichen. Doch bei dem Abfindungsprogramm, das der Walldorfer Technologiekonzern im April dieses Jahres aufgesetzt hat, haben sich zu viele Mitarbeiter angemeldet. Nun gibt es anscheinend doch mehr Spielraum für Abgänge: Um die 9000 bis 10 000 Mitarbeiter könnten den Konzern in diesem Jahr noch verlassen, sagte Vorstandschef Christian Klein am Montagabend bei der Verkündung der Halbjahreszahlen.

SAP lasse aber nur diejenigen Mitarbeiter ziehen, die abkömmlich seien oder ersetzt werden können, sagt ein Konzernsprecher. Ein Aufhebungsvertrag komme nur zustande, wenn beide Seiten einverstanden sind. SAP hat etwa der Hälfte der Mitarbeiter, die sich zu dem Programm angemeldet haben, tatsächlich ein Abfindungsangebot gemacht, hört man aus dem Konzern.

Der Grund für die vielen Anmeldungen: Das Abfindungsprogramm, bei dem sich Mitarbeiter aus allen Bereichen und an allen Standorten anmelden können, sei einfach sehr attraktiv gestaltet, heißt es vom Konzern. Ein Mitarbeiter, der 20 Jahre lang bei SAP beschäftigt war, bekommt in dem Programm eine Sonderzahlung in Höhe von 34,5 Monatsgehältern. Ein Rechenbeispiel: Ein Entwickler mit einem Jahresgehalt von 90 000 Euro erhält nach 20 Jahren im Konzern rund 258 000 Euro, nach 25 Jahren sogar knapp 296 000 Euro. Die Sonderzahlung ist auf höchstens 40 Monatsgehälter gedeckelt.

Kurzfristig ist das ziemlich teuer für SAP. Ursprünglich hatte man für die Abfindungen 2,2 Milliarden Euro beiseitegelegt. Wegen des hohen Interesses an dem Programm, vor allem in Deutschland und den USA, rechnet das Unternehmen aber mittlerweile mit Restrukturierungskosten von rund drei Milliarden Euro.

Die Mitarbeiterzahl des Softwarekonzerns ist inzwischen schon gesunken. Am Ende des zweiten Quartals waren 105 315 Menschen bei SAP beschäftigt – schon fast 3000 weniger als noch drei Monate zuvor. Dass so viele Mitarbeiter gehen wollen, zeugt aber auch von einem gewissen Frust in der Belegschaft. Dort sind viele unzufrieden, etwa darüber, dass sie wieder an drei von fünf Tagen in der Woche ins Büro kommen sollen.

SAP hat im zweiten Quartal stärker zugelegt als gedacht

Als Grund für die große Restrukturierung nannte Vorstandschef Klein Anfang des Jahres eine Fokussierung auf zentrale Wachstumsbereiche. Er will den Konzern fit machen für die beginnende Ära der künstlichen Intelligenz. „Das erfordert auch einen Wandel bei den Kenntnissen und Fertigkeiten unserer Mitarbeiter“, sagte Klein kürzlich im SZ-Interview. „Es werden sich Jobprofile ändern.“

In anderen Bereichen werde SAP deswegen auch weiter einstellen. Ende des Jahres, so die Ansage, werden immer noch ungefähr gleich viele Leute im Unternehmen arbeiten wie Anfang des Jahres. Schon im vergangenen Jahr hatte der Konzern insgesamt 3000 Jobs gestrichen.

Trotz schwierigen Umfelds hat SAP im zweiten Quartal stärker zugelegt als gedacht. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern wuchs im Vergleich zum Vorjahr währungsbereinigt um 35 Prozent auf 1,94 Milliarden Euro. „Dies ist zu einem großen Teil auf die zügige Umsetzung unseres Transformationsprogramms zurückzuführen“, sagte Vorstandschef Klein am Montagabend bei der Verkündung der Zahlen. Der Umsatz zog um zehn Prozent auf 8,29 Milliarden Euro an. Einen großen Anteil daran hatte das Cloudgeschäft, das im Jahresvergleich um ein Viertel angewachsen ist. Die SAP-Aktie erreichte ein Rekordhoch von rund 196 Euro. Mit seinen starken Quartalszahlen hat SAP dem deutschen Leitindex Dax zur weiteren Erholung verholfen, er gewann am Dienstagmorgen hinzu.

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