Erste Dax-Chefin:SAP-Chefin Jennifer Morgan hört schon wieder auf

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Jennifer Morgan bei der Bilanz-Pressekonferenz der SAP SE in Walldorf (Foto: Sepp Spiegl/imago images)
  • Bruch der Doppelspitze: Jennifer Morgan verlässt SAP zum Monatsende.
  • Sie hatte die Führung des Konzerns erst vor einem halben Jahr gemeinsam mit Christian Klein übernommen.
  • Klein führt SAP künftig allein. Der Konzern will so "schnellere Entscheidungen" ermöglichen.

Von Stefan Mayr, Stuttgart

Alles begann wie der Aufbruch in eine neue Ära. Doch nun endet das Konstrukt nach nur sechs Monaten als sehr kurzes Intermezzo: Jennifer Morgan, die erste Frau an der Spitze eines Dax-Unternehmens, verlässt den Software-Konzern SAP zum Monatsende. Ihr Co-Chef Christian Klein, mit dem sie das Unternehmen seit Oktober gemeinsam geführt hatte, bleibt im Amt und wird vom 1. Mai an alleiniger Vorstandsvorsitzender sein.

Der Konzern begründet seinen überraschenden Schritt mit der Coronavirus-Pandemie, die eine schnellere Entscheidungsfindung an der Unternehmensspitze erfordere: "Wir müssen tagtäglich Entscheidungen in Echtzeit treffen und haben die Verantwortung für klare Anweisungen", sagte Christian Klein in einer Telefonkonferenz am Dienstagmorgen. "Jennifer und ich haben erkannt, dass wir unseren Mitarbeitern und Kunden schnellere Entscheidungen schulden." Deshalb habe sich Jennifer Morgan mit dem Aufsichtsrat geeinigt, ihre Tätigkeit für SAP zum Ende April zu beenden. Morgan selbst war in der Telefonkonferenz nicht mehr dabei.

Klein lobte seine Noch-Co-Chefin als "außerordentliche Führungspersönlichkeit", der SAP viel zu verdanken habe. Er betonte, es habe keinerlei persönliche Probleme zwischen den beiden gegeben, man bleibe "Freunde". Aber Klein räumte auch ein, dass das Konzept der Doppel-Führungsrolle "nicht perfekt" war. Die aktuelle Situation in Corona-Zeiten verlange von Unternehmen schnelles, entschlossenes Handeln und eine klare Führungsstruktur.

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"Dieser Übergang fällt in eine Zeit weltweit großer Unsicherheit"

Deshalb habe sich der Aufsichtsrat "früher als geplant" entschieden, zum Modell eines alleinigen Vorstandssprechers zurückzukehren. Aufsichtsratschef Hasso Plattner dankt Morgan in einer Mitteilung "insbesondere dafür, was sie für das Unternehmen, unsere Mitarbeiter und Kunden getan hat".

Warum er sich dazu entschieden hat, Christian Klein zum alleinigen Chef zu machen und auf Jennifer Morgan zu verzichten, erläuterte er nicht. "Dieser Übergang fällt in eine Zeit weltweit großer Unsicherheit", lässt Plattner ausrichten. "Aber ich habe volles Vertrauen in Christians unternehmerische Vision und Fähigkeiten, SAP auf dem Weg zu anhaltendem profitablen Wachstum, Innovation und Kundenerfolg weiter voranzubringen."

Ende April endet also die Amtszeit von Jennifer Morgan als erster Frau an der Spitze eines Dax-Konzerns. Dieses Ende kommt ebenso überraschend wie der Anfang vor einem halben Jahr: Am 11. Oktober waren die heute 49-jährige US-Amerikanerin und der 39-jährige Deutsche Christian Klein zu den Nachfolgern des langjährigen SAP-Chefs Bill McDermott ernannt worden.

Das wertvollste börsennotierte Unternehmen Deutschlands startete damit nach Jahren der massiven Expansion durch Zukäufe anderer Firmen eine Offensive zur Kundenzufriedenheit. Das neue Duo an der Spitze erklärte, ihre erste Priorität sei der Erfolg der Kunden. Zuvor hatte es zunehmend Kritik und Beschwerden von Firmen gegeben, die mit dem Service von SAP unzufrieden waren.

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Der Konzern aus Walldorf bei Heidelberg hilft anderen Unternehmen bei der Steuerung und Organisation ihrer Abläufe. Fabriken werden mit SAP gesteuert, Personaldaten, Dienstreisen, Logistik und Zahlungen werden mit SAP-Programmen verwaltet.

Trotz der Coronavirus-Pandemie hat SAP im ersten Quartal einen deutlichen Gewinn eingefahren. Zwischen Januar und März verdiente der Konzern 811 Millionen Euro. Der Umsatz stieg im gleichen Zeitraum um sieben Prozent auf 6,5 Milliarden Euro.

Jennifer Morgan war seit 2004 bei SAP. Sie hatte verschiedene Managementpositionen inne, bevor sie 2017 in den Vorstand berufen wurde. In diesem war sie für die Unternehmensstrategie in Nordamerika, Lateinamerika und den Raum Asien-Pazifik-Japan zuständig.

Im April 2019 übernahm sie die Leitung des wichtigen Cloud-Geschäfts. Schon vor ihrem Aufstieg zur SAP-Co-Chefin hatte das Fortune-Magazin sie zu einer der einflussreichsten Frauen in der Wirtschaft gekürt, Forbes zählte sie gar zu den 100 einflussreichsten Frauen der Welt. Zum Einstand als Co-Chefin kündigte sie an: "Eines meiner Ziele wird auch sein, mehr weibliche Führungskräfte bei SAP und auf dieser Welt zu ermöglichen." Diese Aufgabe muss künftig jemand anderes übernehmen.

© SZ vom 22.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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