Sanktionen:Luxusyacht "Luna" muss in Hamburg bleiben

Die Oligarcen-Yacht "Luna" im Hamburger Hafen

Die Yacht "Luna" liegt derzeit im Hamburger Hafen und gehört mittlerweile dem russisch-aserbaidschanischen Geschäftsmann Farchad Achmedow.

(Foto: AXEL HEIMKEN/AFP)

Zwischenerfolg für die deutschen Sanktionsjäger: Die Ex-Yacht des Russen Roman Abramowitsch bleibt bis auf weiteres im Hamburger Hafen. Strengere Gesetze sollen die Jagd auf Oligarchen-Vermögen künftig erleichtern.

Von Henrike Roßbach und Meike Schreiber, Frankfurt

Der Hamburger Hafen ist der größte Seehafen Deutschlands, aber trotzdem wird es dort allmählich eng. Nach SZ-Informationen haben die deutschen Behörden im Zuge der Russland-Sanktionen mit der Luna nun die zweite Oligarchen-Yacht "eingefroren". Zuvor musste das Bundeskriminalamt (BKA) klären, ob hinter dem Liechtensteinischen Trust, dem das Luxus-Schiff gehört, wirklich der russische Geschäftsmann Farchad Achmedow steckt. Der Milliardär aus Aserbaidschan steht seit Anfang April auf der EU-Sanktionsliste.

Die Behörde habe die Eigentumsverhältnisse offenlegen können, bestätigte ein Sprecher des BKA. Damit falle das Schiff unter das Sanktionsrecht. Dieses sehe vor, dass alle Besitzgüter einer sanktionierten Person in Europa "eingefroren" werden und einem Verfügungsverbot unterliegen. Die Yacht, die den Hafen nun bis auf weiteres nicht verlassen darf, soll rund 400 Millionen Euro wert sein. Sie zählt neun Decks, einen riesigen Swimmingpool und ein kleines U-Boot. Früher gehörte sie einmal dem russischen Milliardär Roman Abramowitsch.

Im Vergleich zu anderen Ländern war Deutschland zuletzt etwas im Hintertreffen bei der Jagd auf Oligarchen-Vermögen. Damit aber kommen die hiesigen Behörden nun ein gutes Stück voran. Noch Anfang April belief sich die Summe der hierzulande eingefrorenen Gelder auf 125 Millionen Euro, wie aus einer Kleinen Anfrage des Linken-Abgeordneten Pascal Meiser an die Bundesregierung hervorging. Inzwischen dürfte sich die Summe auf rund eine Milliarde Euro erhöht haben. Bereits Mitte April hatte das Bundeskriminalamt die Super-Yacht Dilbar im Hamburger Hafen festgesetzt. Sie gehört der sanktionierten Schwester des russischen Oligarchen Alischer Usmanow, dessen Anwesen am Tegernsee die Behörden zuvor ebenfalls eingefroren hatten.

Der Eigentümer der Luna, Farchad Achmedow, hat sein Vermögen im Gasgeschäft verdient. Das Wirtschaftsmagazin Forbes schätzte es zuletzt auf etwa 1,4 Milliarden Dollar. Schlagzeilen machte Achmedow zuletzt vor allem wegen einer teuren Scheidung, bei der es auch um die Yacht Luna ging. Ein britisches Gericht hatte dem Geschäftsmann auferlegt, seiner Ex-Frau Tatjana Achmedowa etwa 450 Millionen Pfund zu zahlen und genehmigte außerdem die Beschlagnahme der Yacht. Zwei Jahre lang blieb das Schiff in Dubai, bis ein dortiges Gericht die Entscheidung aus London zurücknahm und die Yacht wieder freigegeben wurde. Zuletzt lag das Schiff bei der Werft Blohm + Voss in Hamburg, die nun wohl für den Unterhalt aufkommen muss. Ein Sprecher der Werft wollte sich nicht dazu äußern. Im Umfeld von Achmedow hieß es, er selbst habe nie bestritten, Eigentümer der Yacht zu sein, zudem sei er alles andere als "putin-nah".

Deutschland hatte sich bislang mit den Sanktionen etwas schwerer getan als andere europäische Länder, weil die Behörden stets erst die Eigentumsverhältnisse klären wollen. Italien zum Beispiel kam schneller voran, weil dort der begründete Verdacht ausreicht, dass eine Villa oder Yacht einer sanktionierten Person gehören könnte, um die Vermögen bis auf weiteres einzufrieren.

Sanktionierte Personen müssen in Deutschland künftig Auskunft über ihr Vermögen geben

Bald aber soll es auch in Deutschland effektiver vorangehen. Inzwischen hat das Kabinett dem Entwurf für ein "Sanktionsdurchsetzungsgesetz I" zugestimmt, den die Minister für Wirtschaft und Finanzen, Robert Habeck (Grüne) und Christian Lindner (FDP), erarbeitet haben - als Formulierungshilfe für die Fraktionen, die ihn in den Bundestag einbringen sollen. Im Zentrum stehen drei Punkte: So soll es künftig möglich sein, Vermögen zu ermitteln und Vermögensgegenstände sicherzustellen, bis die Eigentumsverhältnisse aufgeklärt sind. Zudem bekommen die Behörden mehr Befugnisse bei der Übermittlung von Daten - etwa von der Bundesbank an die Bafin. Vor allem aber soll eine "strafbewehrte Anzeigepflichten der sanktionierten Personen" eingeführt werden: Sie sollen Auskunft geben müssen über ihr Vermögen.

Im Gesetzestext heißt es, sanktionierte "Ausländer und Inländer" seien dazu verpflichtet, "diese Gelder der Deutschen Bundesbank und diese wirtschaftlichen Ressourcen dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle" anzuzeigen. Und zwar "unverzüglich", "in deutscher Sprache", inklusive des Namens oder der Firma des Betroffenen und mit Angaben zum jeweiligen Wert. Wer sich weigert, muss mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe rechnen - nicht nur mit einem Bußgeld. Angesichts des andauernden Krieges soll es schnell gehen: Die Koalitionsfraktionen werden gebeten, "einen entsprechenden Gesetzentwurf in der anstehenden Sitzungswoche in den Deutschen Bundestag einzubringen". Geplant ist der Tagesordnungspunkt nun für Donnerstag.

Für die Solandge, die dritte Oligarchen-Yacht, die im Hamburger Hafen lag, ist das zu spät. Zwar steht der frühere Eigentümer, der Oligarch Suleiman Abusaidowitsch Kerimow, seit März auf Sanktionslisten, die Yacht allerdings hat er gerade noch rechtzeitig an einen Saudi verkauft. Auch Wladimir Putins Luxusjacht Graceful hatte den Hamburger Hafen noch kurz vor Kriegsbeginn verlassen.

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