Süddeutsche Zeitung

Sanierungsstau in Milliardenhöhe:Deutsche Bahn warnt vor maroden Brücken

Unwetter und hohe Kosten schmälern die Gewinne der Deutschen Bahn. Doch Chef Rüdiger Grube steht vor einem noch größeren Problem: Wegen der veralteten Infrastruktur müssten vielleicht bald Brücken gesperrt werden, sagt er. Das hätte verheerende Auswirkungen auf den Zugverkehr.

Im deutschen Schienennetz sind wegen der veralteten Infrastruktur viele Brückensperrungen zu erwarten. "Ja, leider sind wir nicht mehr weit davon entfernt", sagte Bahnchef Rüdiger Grube der am Montag erscheinenden Wirtschaftswoche. "Im Schnitt hält eine Brücke hundert Jahre lang. Fast jede dritte der 25.000 Eisenbahnbrücken in Deutschland ist aber älter", sagte Grube.

Bei 1400 Brücken bestehe dringender Sanierungsbedarf. Mit der derzeitigen Finanzausstattung sei aber nur die Sanierung von 125 Brücken pro Jahr möglich. "Das Geld reicht nicht. Und die Folgen einer Sperrung wären dramatisch", erklärte Grube. Die Bahn hat ihm zufolge das Szenario am Beispiel einer wichtigen Brücke im Frankfurter Hauptbahnhof berechnet und verheerende Folgen für den Bahnverkehr ermittelt. "Dadurch wäre das gesamte Netz in Deutschland betroffen, weil Züge aus Hamburg, Berlin und Dresden umgeleitet werden müssten. Wir würden auf einen Schlag pro Tag 33.000 Verspätungsminuten ansammeln. Das wären rund 130 Prozent mehr als an einem durchschnittlichen Tag."

Der Bund soll zahlen

Den Sanierungsstau bei der Bahn bezifferte Grube auf inzwischen 30 Milliarden Euro. "Allein ein Drittel unserer 3397 Stellwerke stammt noch aus Kaiserzeiten. Das Durchschnittsalter liegt bei 47 Jahren", sagte der Bahnchef. Grube forderte zusätzliche Mittel vom Bund: Die Bahn brauche 1,2 Milliarden Euro mehr pro Jahr für das bestehende Schienennetz. Derzeit investieren Bund und Bahn rund drei Milliarden Euro ins Netz.

Unwetter und hohe Kosten schmälern laut Grube derzeit die Gewinne der Deutschen Bahn. Der Konzern wird demnach sein zuletzt genanntes Gewinnziel von 2,6 Milliarden Euro deutlich verfehlen. "2012 hatten wir ein Spitzenjahr. Das werden wir 2013 nicht erreichen", sagte Grube. "Beim Umsatz liegen wir zwar auf Vorjahresniveau, aber im Ergebnis zeigen sich Spuren". Zum Jahresende erwarte der Konzern aber immer noch ein Ergebnis von mehr als zwei Milliarden Euro.

Das Ergebnis werde besonders durch höhere Personal- und Energiekosten sowie eine schärfere Regulierung belastet. Zudem seien die Folgen der Unwetter dieses Jahres erheblich. Laut Grube lagen die witterungsbedingten Schäden in diesem Jahr ohne Hochwasser bei mehr als hundert Millionen Euro. Dies allein sei ein "trauriger Rekord". Auch das Elbehochwasser habe durch Infrastrukturschäden und Umsatzausfall einen dreistelligen Millionenbetrag gekostet.

"Gleichzeitig kostet uns die Energiewende bereits fast hundert Millionen Euro pro Jahr. Wenn jetzt noch für die Eisenbahn in Deutschland ein hoher dreistelliger Millionenbetrag dazukäme - was manche leider diskutieren -, würde sich das sofort in deutlich höheren Ticketpreisen niederschlagen", sagte der Bahnchef.

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