Die Häuser sind Teil des Problems. Genauer: des Klimaproblems. Denn allein die Gebäude im Land sind nach Daten des Umweltbundesamts für etwa ein Drittel aller deutschen CO₂-Emissionen verantwortlich. Bis zur Mitte des Jahrhunderts aber muss der Bestand klimaneutral sein, das ist neben anderen Zielen im Klimaschutzgesetz vorgeschrieben. Es muss sich also etwas tun.
Dumm nur, dass sparsame Häuser noch längst nicht der Standard sind. Im vergangenen Jahr beispielsweise lag die Sanierungsquote bei gerade mal 0,7 Prozent. Heißt: Nicht einmal jedes hundertste Haus wurde effizienter gemacht. Damit der Gebäudesektor in gut 25 Jahren wirklich klimaneutral ist, müsste die Quote aber bei mehr als zwei Prozent liegen.
Dabei würde nicht nur das Klima profitieren, wenn mehr und schneller saniert würde, sondern auch die Bewohner – und zwar im Portemonnaie. Das zeigt eine aktuelle Analyse, die von der Umweltorganisation WWF beim Beratungsunternehmen Prognos in Auftrag gegeben wurde. Das Fazit: Eine Vollsanierung lohne sich auf längere Sicht eigentlich immer, am stärksten in einem durchschnittlichen Einfamilienhaus. Werde das auf den Effizienzhaus-55-Standard gebracht, besser bekannt als KfW 55, lägen die Gesamtkosten aus einmaliger Investition und laufenden Energierechnungen über einen Zeitraum von 20 Jahren bei nur etwa einem Drittel der Kosten eines unsanierten Gebäudes. „Nichts tun ist die teuerste Option, die man hat“, bilanziert Studienautor Nils Thamling.
Um den vollen Effekt auszuschöpfen, brauche es demnach eine sanierte Gebäudehülle und eine klimafreundliche Wärmeversorgung, beispielsweise durch eine Wärmepumpe oder den Anschluss an ein Wärmenetz. Die Sanierung rechne sich aber auch unabhängig vom Energieträger, dann allerdings womöglich etwas weniger. So profitieren besonders Haushalte mit einer Wärmepumpe von einer Solarstrom-Anlage. Sie könnten durch die Energie vom eigenen Dach weitere 3000 bis 6000 Euro einsparen. Hinzu komme eine Wertsteigerung der energieeffizienten Gebäude von bis zu gut einem Viertel im Vergleich zu Häusern mit niedriger Effizienz.
Dabei seien die jüngsten Preissteigerungen am Bau in den Zahlen und Berechnungen bereits berücksichtigt. Dieser Trend mache „natürlich Bauchschmerzen“, wie Prognos-Experte Thamling einräumt. Allerdings seien zugleich auch die Energiepreise, etwa für per Schiff importiertes Flüssigerdgas, deutlich gestiegen. Unter dem Strich bedeute das: „Das nivelliert sich weg“.
Die Finanzierung ist für ältere Menschen oder Haushalte mit geringem Einkommen schwer
Dass dennoch nicht mehr saniert werde, das führt der WWF auch auf den Streit um das sogenannte Heizungsgesetz der Ampelkoalition zurück: Das Hin und Her in der Regierung habe eher verwirrt, als Orientierung zu bieten. Am Ende hätten Verunsicherung und ein großer Vertrauensverlust bei den Bürgern gestanden, „weil klare Zielbilder durch die aufgeheizte gesellschaftliche Debatte verloren gegangen sind“, sagte Viviane Raddatz vom WWF.
Daneben dürften aber auch die hohen einmaligen Kosten für eine Vollsanierung eine Rolle spielen: Dafür könnten die Investitionskosten oft weit im fünfstelligen Bereich liegen. Eine solche Summe zu finanzieren, sei aber gerade für ältere Menschen oder Haushalte mit geringem Einkommen oft nahezu unmöglich. Beim WWF fordert man deshalb einen größeren Bonus vom Staat für die Gebäudesanierung, und zwar ausgerichtet am jeweiligen Einkommen. Zudem müssten auf europäischer Ebene einheitliche Effizienzstandards eingeführt werden, um die Sanierungsquote nach oben zu treiben. „Sanierung und Effizienzsteigerung müssen endlich Priorität haben“, heißt es – eben weil es sich langfristig immer lohne, ökonomisch wie ökologisch.
Studienautor Thamling sieht in der Sanierung deshalb auch die Chance auf ein „wahnsinnig tolles Konjunkturprogramm“: Die Arbeiten sorgten letztlich für Jobs, eine lokale Wertschöpfung und schützen vor hohen Heizkosten. Mit dem sogenannten individuellen Sanierungsfahrplan gebe es zudem bereits eine gute Planungsgrundlage für Eigentümer, „der ist gut gefördert“. Nach heutigem Stand aber drohe der Gebäudesektor an den hohen Investitionskosten für die Klimaneutralität zu scheitern, wenn sich die politischen Rahmenbedingungen nicht änderten. Und das wäre eben nicht nur schlecht fürs Klima, sondern auch gegen das Gesetz.