Sal. Oppenheim:Geldadel unter Verdacht

Sal. Oppenheim - Prozess

Eigene Ermittlungen: Die Bank Sal. Oppenheim hat verdächtige Fälle selbst untersucht und anschließend den Behörden gemeldet.

(Foto: Oliver Berg/dpa)

Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt wegen Steuerhinterziehung gegen Kunden des Finanzinstituts Sal. Oppenheim.

Von Hans Leyendecker und Klaus Ott, Köln

Die Staatsanwaltschaft Köln ist mit großen Fällen in der Finanzbranche eigentlich ausgelastet. Doch das hat die Strafverfolger nicht daran gehindert, jetzt ein weiteres, in seiner Dimension bislang einmaliges Verfahren in Deutschland einzuleiten. Die Ermittler gehen dem Verdacht nach, dass sehr vermögende Kapitalanleger systematisch Steuern hinterzogen haben sollen. Kenner des Verfahrens sprechen von "schwerreichen Familien", die in der Regel dreistellige Millionensummen in Luxemburger Fonds investiert und dabei möglicherweise zu Unrecht Steuervorteile in Anspruch genommen hätten. Die Geschäfte wurden über das in Köln ansässige Bankhaus Sal. Oppenheim abgewickelt. Kölner Staatsanwälte und Steuerfahnder haben vergangene Woche 28 Büros und Wohnungen durchsucht, offenbar vor allem von Klienten von Sal. Oppenheim. Das Verfahren richtet sich nach Angaben von Insidern gegen 14 frühere oder heutige Beschäftigte der Bank, in deren Fall wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung, und gegen eine öffentlich nicht bekannte Anzahl von langjährigen Kunden des Geldinstituts. Die Causa gilt unter Juristen und Bankmanagern als Präzedenzfall. Auf den Weg gebracht worden ist das Verfahren durch eigene Ermittlungen des traditionsreichen, ehedem selbständigen Geldinstituts aus Köln, das 2009 von der Deutschen Bank übernommen worden war. Eine von Sal. Oppenheim eingeschaltete Wirtschaftskanzlei, offenbar Linklaters LLP, die als ebenso konsequent wie aggressiv gilt, soll bei der Überprüfung bestimmter Geschäfte auf verdächtige Transaktionen gestoßen sein. Sal. Oppenheim teilte auf Anfrage mit, man habe bei internen Untersuchungen Hinweise auf Steuerfälle bei bestimmten Fondsanlagen erhalten und "darüber im Rahmen rechtlicher Vorgaben unmittelbar die zuständigen Behörden informiert". Die internen Ermittlungen sollen etwa ein Jahr gedauert haben und waren mit der Deutschen Bank abgestimmt. Gegenstand des Verfahrens ist eine besondere Form der Geldanlage, die bereits von einigen Staatsanwaltschaften in der Republik, darunter der Staatsanwaltschaft München I, näher untersucht wird; bislang aber nur in einzelnen Fällen. Die Kölner Strafverfolger sind die ersten Ermittler, die sich nun umfassend mit dem so genannten Fondsprivileg beschäftigen, das im Investmentsteuergesetz geregelt wird. Es handelt sich um Spezialfonds, die häufig im Großherzogtum Luxemburg zu finden sind, und bei denen zwischenzeitlich anfallende Gewinne steuerfrei bleiben. Erst beim Ausstieg aus dem Fonds müssen die Investoren an das Finanzamt zahlen.

Dieses Privileg ist allerdings an ein paar Voraussetzungen gebunden: Die wichtigste Bedingung lautet, dass der Kapitalanleger nicht in die Geschäfte des Fonds eingreift. Die Fonds und die dahinter stehenden Banken müssen selbst entscheiden, wo sie das Vermögen der Kunden wie anlegen. Auch darf der Anleger kein Besitzrecht an dem Fonds ausüben. "Eine aktive unternehmerische Bewirtschaftung der Vermögensgegenstände ist ausgeschlossen" - so steht es in Paragraf 1, Absatz 1b des Investmentsteuergesetzes.

Darauf hat das Bundesfinanzministerium erst kürzlich, am 3. März 2015, in einem Rundschreiben an die Obersten Finanzbehörden ausdrücklich hingewiesen.

Das ist meist kein Problem, wenn ein Fonds viele Investoren hat und die Fondsbetreiber unabhängig agieren können. Bei wirklich reichen Menschen, wie sie lange bei Sal. Oppenheim daheim waren, ist das möglicherweise eine ganz andere Frage.

Die Behörden haben offenbar Anhaltspunkte dafür, dass die verdächtigen Klienten bei der Anlage ihres Vermögens mitreden wollten. Solche Mitsprache verstieße bei solchen Spezialfonds aber gegen die gesetzlichen Regeln. Andererseits ist die juristische Literatur voller Erklärungen, warum das eine oder das andere doch gesetzeskonform sein soll. Vieles davon wurde von Anwälten geschrieben, die insbesondere reiche Leute vertreten. Nur in seltenen Fällen fliegen solche Einflussnahmen auf. Meist braucht es den E-Mail-Verkehr zwischen Bank und Kunden.

Der Fall, mit dem sich die Staatsanwaltschaft München I beschäftigt, dreht sich um zwei deutsche Milliardäre, die allzu viel Einfluss auf die Entwicklungen eines Fonds genommen haben sollen. Im Kölner Verfahren, das von dem ebenso ambitionierten wie erfahrenen Oberstaatsanwalt Norbert Reifferscheidt auf den Weg gebracht wurde, soll es bei den Bankberatern sehr unterschiedliche Typen geben. Die einen sollen stark auf die Wünsche der Klientel eingegangen sein. Die anderen sollen eher zurückhaltend reagiert haben. Es handelt sich bei alledem um einen Anfangsverdacht, nicht um mehr.

Der Fall passt - so oder so - zum Niedergang der ältesten deutschen Privatbank. Gegen ehemals führende Geldleute dieser ehrwürdigen Bank läuft in anderer Sache ein Prozess in Köln, an dessen Ende, was früher unvorstellbar schien, Haftstrafen stehen können.

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