Opioid-Krise in den USA:Pharma-Unternehmerfamilie muss 7,4 Milliarden Dollar zahlen

Lesezeit: 2 Min.

Prudue Pharma vermarktete Oxycontin als harmlose Lifestyle-Pille. (Foto: George Frey/REUTERS)

Die Sacklers verdienten Milliarden mit Oxycontin. Das Schmerzmittel gilt als Auslöser der Opioid-Krise in den USA mit mehr als 100 000 Toten. Nun hat die Familie einem neuen Vergleich zugestimmt.

Von Ann-Kathrin Nezik, New York

Es gibt amerikanische Unternehmerfamilien, die so einflussreich sind, dass man ihnen sogar in Museen begegnet. Die Sacklers waren viele Jahre lang eine solche Familie. Ihr Name zierte den ägyptischen Flügel des New Yorker Metropolitan Museum und viele weitere Kunsteinrichtungen weltweit. Fast alle Museen haben ihn inzwischen entfernt. Denn die Sacklers stehen für einen Skandal, der mehr als 100 000 Amerikaner ihr Leben gekostet hat und Jahr für Jahr noch immer Tausende tötet: die Vermarktung des stark abhängig machenden Schmerzmittels Oxycontin als harmlose Lifestyle-Pille. Das hat Purdue Pharma, das Unternehmen der Sacklers, jahrelang getan. Noch immer sind Behörden und Gerichte dabei, die Folgen der Opioid-Krise und die Verantwortung der Familie Sackler aufzuarbeiten.

Nun hat Purdue Pharma einen neuen Vergleich erzielt. Das Unternehmen hat zugestimmt, bis zu 7,4 Milliarden Dollar an mehrere US-Bundesstaaten und Gemeinden zu zahlen. Das Geld soll den Kampf gegen die Folgen der Opioid-Krise und die Prävention finanzieren. Auch Oxycontin-Opfer und ihre Hinterbliebenen haben darin Anspruch auf finanzielle Entschädigung. Nach Angaben ihrer Anwälte sind in der Vereinbarung bis zu 850 Millionen Dollar dafür vorgesehen. Im Schnitt dürften dies aber nicht mehr als einige Tausend Dollar pro Person sein. Daneben verlieren die Sacklers auch die Kontrolle über ihr Unternehmen und dürfen nie wieder Opioide in den USA verkaufen. Purdue Pharma soll künftig von einem Rat aus Treuhändern kontrolliert werden. Die Mitglieder bestimmen die US-Bundesstaaten.

Ursprünglich hatte das Unternehmen schon 2021 einem ersten Vergleich zugestimmt. Doch der Oberste Gerichtshof in Washington erklärte ihn im vergangenen Sommer für unrechtmäßig. Die alte Regelung hätte Purdue Pharma vor weiteren rechtlichen Auseinandersetzungen und künftigen Zivilklagen geschützt. Mit dem neuen Vergleich ist das nicht mehr der Fall. Er ist der höchste einzelne, aber nicht der einzige im Zusammenhang mit der Opioid-Krise. Pharmafirmen, Großhändler und Apothekenketten haben Vergleichen in Höhe von mehr als 50 Milliarden Dollar zugestimmt. Das hat die Organisation Opioid Settlement Tracker zusammengetragen.

Purdue Pharma brachte das opioidhaltige Schmerzmittel Oxycontin 1996 heraus und vermarktete es in den Folgejahren aggressiv. Vertreter der Firma spielten sein Abhängigkeitspotenzial gegenüber Ärzten herunter. Viele Patienten, die es nach Operationen oder Unfällen nahmen, landeten später bei Drogen wie Heroin und Fentanyl. Als sich die Klagen von US-Bundesstaaten, Gemeinden und Opfern gegen Purdue Pharma häuften, erklärte sich das Unternehmen 2019 für insolvent. Später bekannte sich Purdue Pharma in einem Strafverfahren für schuldig. Man räume die „Verantwortung für sein Fehlverhalten ein“, erklärte ein Sprecher damals. Die Sacklers wiesen alle Schuld von sich: Sie hätten sich „ethisch“ und „rechtmäßig“ verhalten. Etliche Familienmitglieder saßen jahrelang im Aufsichtsrat des Unternehmens. Die Sacklers machten mit Purdue Pharma mehr als zwölf Milliarden Dollar Gewinn, wie Gerichtsunterlagen zeigten. Einen bedeutenden Teil davon überwiesen sie auf Offshore-Konten.

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