RWE:Wind of Change

RWE: Ein Schaufelradbagger am Braunkohletagebau Garzweiler. RWE will künftig mehr in Ökostrom investieren.

Ein Schaufelradbagger am Braunkohletagebau Garzweiler. RWE will künftig mehr in Ökostrom investieren.

(Foto: Ina Fassbender/AFP)

Der Konzern erzeugt weniger Kohlestrom, doch er verdient mehr Geld. Die Börse hofft auf den Tausch mit Eon.

Von Benedikt Müller, Düsseldorf

Zumindest an der Börse hat sich RWE von der "Hambi"-Klatsche erholt: Als das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalens im Herbst entschied, dass der Energiekonzern den Hambacher Wald bei Köln vorerst nicht der Braunkohle opfern darf, verlor die RWE-Aktie in kurzer Zeit ein Sechstel an Wert. Doch hat der Konzern den Einbruch längst kompensiert: Seit Jahresbeginn hat RWE mehr als 20 Prozent an Börsenwert gewonnen, ist damit einer der erfolgreichsten Dax-Titel.

Zwar kostet der Rodungsstopp den Konzern nach eigenen Angaben 100 bis 200 Millionen Euro jährlich; die Schaufelradbagger fressen sich nun langsamer durch den Tagebau Hambach, da Richter zunächst den Schutzstatus des angrenzenden Eichen-Buchen-Waldes klären müssen. Auch im Ausland hat RWE im ersten Quartal weniger Kohlestrom erzeugt. Doch profitierte der Konzern von höheren Strompreisen und Handelsmargen. Unter dem Strich steht so ein Quartalsgewinn von 273 Millionen Euro, gut dreimal so viel wie im Vorjahreszeitraum.

Freilich weiß RWE, dass die Tage der klimaschädlichen Kohle gezählt sind, empfahl die Kohlekommission der Bundesregierung doch, dass die letzten Meiler bis 2038 vom Netz gehen sollten. Als "Sofortmaßnahme" sollen bis 2022 Braunkohlekraftwerke mit einer Kapazität von drei Gigawatt den Betrieb einstellen. RWE zeigt sich gesprächsbereit, fordert vom Staat aber eine Entschädigung von bis zu 1,5 Milliarden Euro pro abgeschaltetem Gigawatt. "Wir befinden uns in Gesprächen", sagt Finanzvorstand Markus Krebber, man habe mit dem Bund aber Vertraulichkeit vereinbart.

Für die Zukunft ohne Kohle hat RWE einen milliardenschweren Tausch vereinbart: Der Konzern will die Ökostromkraftwerke seiner Tochter Innogy und des Konkurrenten Eon übernehmen. Im Gegenzug soll das Netz- und Vertriebsgeschäft von Innogy an Eon gehen - diesen Teil des Geschäfts hat die EU-Kommission allerdings noch nicht genehmigt. "Die neue RWE ist in Sicht", gibt sich Krebber zuversichtlich, er spüre Vorfreude "im ganzen Team". Die weltweiten Ökostromkraftwerke von Eon und Innogy hätten 2018 einen Betriebsgewinn von 1,5 Milliarden Euro erwirtschaftet. Nach der Fusion wäre RWE der weltweit zweitgrößte Betreiber von Windparks auf See.

Mit dem Wandel zum Grünstrom reagiert der Konzern auf den Druck von Investoren, die mehr und mehr Firmen aufrufen, ihre CO₂-Emissionen zu reduzieren. Das bisherige Geschäftsmodell von RWE sei "ein klares Auslaufmodell", sagte etwa Thomas Deser von Union Investment kürzlich bei der Hauptversammlung in Essen. Auch der Streit um den Hambacher Wald habe dem Image des Konzerns geschadet, kritisierte der Redner der Deka.

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