Süddeutsche Zeitung

Energie:RWE verdient noch gut mit Kohle und Atom

Deutschlands größter Stromerzeuger meldet fast 30 Prozent höhere Gewinne als im Vorjahreszeitraum. Obwohl zuletzt weniger Wind wehte: Die Zukunft des Konzerns soll grüner Energie gehören.

Von Benedikt Müller-Arnold, Düsseldorf

Die Energiepreise sind hoch, Industrien erholen sich von der Corona-Krise, doch der Wind wehte vergleichsweise schwach: Von dieser Konstellation haben Kohle- und Atommeiler von RWE - eigentlich Auslaufmodelle - in den ersten drei Quartalen dieses Jahres profitiert. Deutschlands größter Stromerzeuger meldet für die Monate Januar bis September einen Gewinn von gut einer Milliarde Euro, fast 30 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

Dies verdankt RWE vor allem konventionellen Kraftwerken sowie dem Handel mit Energie, während eigene Windparks schwächelten. "Wir haben in den ersten drei Quartalen trotz wetterbedingter Einbußen besser abgeschnitten als im Vorjahr", sagt Finanzvorstand Michael Müller. Das liege vorrangig an "guten Geschäften im Energiehandel". Die sogenannten Trader des Konzerns handeln in börsenähnlicher Manier mit Strom, Gas und Rohstoffen sowie mit CO₂-Emissionsrechten.

Betrachtet man, mit welchen Kraftwerken RWE in den neun Monaten wie viel Strom erzeugt hat, dann ist das Dax-Unternehmen noch immer vor allem ein Gas-, Kohle- und Atombetrieb. Nur knapp ein Fünftel des erzeugten Stroms von RWE stammte aus Wind- und Solarparks, Wasser- oder Biomasse-Kraftwerken. Allerdings wehte in diesem Jahr bislang auch vergleichsweise wenig Wind in Europa. Zudem legte eine außergewöhnliche Eiseskälte Anfang des Jahres Windparks von RWE im Süden der USA zeitweise lahm.

Kohlemeiler geraten unter Druck

Dennoch hat sich der Kraftwerkspark der Essener Firma bereits verändert - und wird sich weiter wandeln: Die letzten Atommeiler sollen hierzulande bis Ende kommenden Jahres vom Netz gehen. Zudem will Deutschland die klimaschädliche Kohleverstromung schrittweise bis spätestens 2038 beenden; die wahrscheinlich künftige Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP will diesen Ausstieg "idealerweise" auf 2030 vorziehen, so steht es im Sondierungspapier. Mit den Braunkohletagebauen und Kraftwerken im Rheinland zählt RWE zu den größten CO₂-Emittenten und Feindbildern der Klimabewegung in Europa.

Grundsätzlich geraten Kohlemeiler auch wirtschaftlich unter Druck, da Emissionszertifikate für Treibhausgase in der Europäischen Union tendenziell immer knapper und teurer werden. Allerdings können Kraftwerksbetreiber solche Ausstoßrechte auch im Voraus kaufen. So hat sich RWE nach eigenen Angaben gar bis 2030 gegen steigende CO₂-Preise abgesichert.

Nichtsdestotrotz will RWE nach eigenem Bekunden fast nur noch in erneuerbare Energien investieren. Beispielsweise baut der Konzern mehr und mehr Windräder in den USA oder Frankreich - oder auch Solarparks in Südeuropa. Und er verdient sein Geld zusehends mit "grüner" Energie. So standen Kohle- und Atomkraftwerke in den ersten drei Quartalen für nicht weniger, aber auch nicht mehr als etwa 30 Prozent des RWE-Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen.

Am kommenden Montag will der Vorstand um den neuen Chef Markus Krebber dann bekannt geben, wie er die Strategie des Unternehmens weiterentwickeln will. "Die laufende Dekade ist entscheidend auf dem Weg zur Klimaneutralität", diese Erkenntnis teilt RWE schon mal in der Einladung zum sogenannten Kapitalmarkttag.

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