RWE:Großmanns Würstchen

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RWE-Chef Großmann grillt bei Firmenfesten, verprellt beim Konzernumbau aber die Leute. Eine Frage steht unbeantwortet im Raum: Wie genau soll die "neue RWE" aussehen?

H.-W. Bein und C. Gammelin

Jürgen Großmann gibt als Boss gerne den Arbeitnehmerfreund. Wie schon bei seinem Stahlunternehmen Georgsmarienhütte stellt der Hüne sich auch als RWE-Chef bei passender Gelegenheit hinter den Grill, legt Würstchen für die Mitarbeiter auf und mokiert sich über die hohen Preise. Ganz im Sinne der Beschäftigten.

RWE-Chef Großmann ist immer für einen Scherz gut - doch beim Konzernumbau geht es nicht wirklich voran. (Foto: Foto: dpa)

Bei dem zur Chefsache erhobenen Umbau des Konzerns zeigt Großmann, dass er auch anders kann, wenn es darum geht, seine Interessen durchzusetzen. Mehrfach schon legte er sich mit den Gewerkschaften an, weil diese sich der Neuorganisation der Dienstleistungstochter RWE Systems widersetzten.

Per Vorstandsorder wurde die Rechtsform geändert und aus der Systems AG die RWE Service GmbH - gegen den Widerstand der Gewerkschaften. Eine Sitzung des Aufsichtsrats der Systems wurde abgesagt, weil die Arbeitnehmerbank, aber auch kommunale Vertreter in dem Gremium dem Vorstandsbeschluss nicht gefolgt wären. Über ein Statusverfahren will der Vorstand jetzt bei der Tochter seine Interessen durchsetzen.

Mitarbeiter beschreiben die Stimmung im Konzern als "angespannt". Vor allem die Arbeitsweise des Chefs, der gerne auch schon mal im Bentley vorfahre und sich auch nicht scheue, wie ein Familienpatriarch Anweisungen per Telefon oder Fax vom Golfplatz aus zu geben, empfinden langjährig Beschäftigte als "ungewohnt". Dass ein RWE-Vorstand die Arbeitnehmervertretungen so vor den Kopf stößt wie im Fall der Dienstleistungstochter habe es bisher nicht gegeben, sagen selbst Führungskräfte.

Spannung unter den Mitarbeitern

Allerdings gibt es auch Stimmen, die es begrüßen, dass mit den Gewerkschaften "aufgeräumt wird". Die Folgen indessen sind wachsende Spannungen im Konzernaufsichtsrat und zu Frank Bsirkse, dem Verdi-Chef und stellvertretenden Vorsitzenden des Kontrollgremiums.

Großmann hatte bereits kurz nach seinem Amtsantritt vor einem Jahr den Konzernumbau auf seine Fahne geschrieben. Schnell musste er erkennen, dass sich seine Pläne für eine "neue RWE" nicht in wenigen Monaten realisieren ließen. Als neue Vorgabe hatte Großmann dann den Oktober 2008 für die Umsetzung der Konzernorganisation genannt.

Entsprechend groß ist die Spannung unter den Mitarbeitern vor einer Aufsichtsratssitzung des Konzerns an diesem Donnerstag. Bislang ist indessen nichts bekannt, was den großen Wurf verspricht. Vielmehr geht es zum Beispiel bei der Servicetochter darum, den "administrativen Überbau" zu verkleinern und den Wareneinkauf künftig zentral für alle zu erledigen. Durch eine Aufspaltung von Zuständigkeiten im Frühjahr war die Zahl der Mitarbeiter der Servicetochter bereits um mehr als 2000 auf 1600 geschrumpft. Außerdem verlor die Dienstleistungstochter RWE Systems ihren Status als Führungsgesellschaft.

Wechsel im Vorstand

Bis zum Jahr 2012 will der RWE-Vorstand Kostensenkungen durchsetzen, die zu einer Verbesserung des Gewinnniveaus von 1,2 Milliarden Euro im Jahr führen. Das sei aber nicht gleichbedeutend mit einem entsprechenden Stellenabbau, hatte Großmann beruhigt. Vielmehr würden zum Beispiel 700 Mitarbeiter auf andere Stellen im Konzern versetzt, wo ihre Arbeit sinnvoller sei.

Am sichtbarsten kommt Großmanns Konzernumbau noch auf der Führungsebene voran. Im vergangenen Jahr hatte der RWE-Chef die Position eines Chief Operating Officers (COO) beschlossen, der das Tagesgeschäft verantworten soll. Auf den Posten wurde Ulrich Jobs berufen. Gleichzeitig wurde der lang gediente RWE-Vorstand Berthold Bonekamp in der Holding mit den Zuständigkeiten Strategie und Akquisitionen sowie Forschung und Entwicklung beauftragt. Bonekamp, dessen Vertrag im April endet, wird möglicherweise früher bei RWE ausscheiden.

Es wird damit gerechnet, dass der Aufsichtsrat Leonhard Birnbaum zu Bonekamps Nachfolger ernennt. Den 41 Jahre alten Birnbaum, der als Mc-Kinsey-Berater für RWE gearbeitet hatte, hatte Großmann im Frühjahr als Leiter der Konzernentwicklung geholt.

© SZ vom 18.09.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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