Sanktionen:Erste russische Bank steht vor Pleite

Sanktionen: Die Sberbank Europe mit ihrem Sitz in Wien ist eine 100-prozentige Tochter der russischen Sberbank.

Die Sberbank Europe mit ihrem Sitz in Wien ist eine 100-prozentige Tochter der russischen Sberbank.

(Foto: Roland Schlager /AFP)

Die Überlebensfähigkeit stark gefährdet, einige Geschäftsbereiche bereits eingefroren: Den Europa-Ableger der Sberbank treffen die EU-Sanktionen hart. Das spüren auch deutsche Sparer.

Von Alexander Mühlauer und Paulina Würminghausen

Sie haben nicht lange auf sich warten lassen, die Folgen der Sanktionen gegen Russland. Dem europäischen Ableger der größten Finanzinstitution Russlands, der Sberbank, droht die Pleite. So sieht es zumindest die Bankenaufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB). Die Aufsicht hält die Überlebensfähigkeit der europäischen Töchter der russischen Bank für stark gefährdet, die Sberbank und ihre beiden Tochtergesellschaften in Kroatien und Slowenien werden "ausfallen oder wahrscheinlich ausfallen". Mit dieser Formulierung kennzeichnet die EZB-Bankenaufsicht Institute, die aus ihrer Sicht nicht mehr existenzfähig sind.

Deswegen hat der einheitliche Abwicklungsausschuss (SRB) der EU, der sich um in Schwierigkeiten geratene europäische Kreditgeber kümmert, alle Zahlungen, Vollstreckungs- und Kündigungsrechte für drei Abteilungen bis zum 1. März ausgesetzt. Die Töchter der Sberbank gelten somit als "eingefroren". Die Sberbank Europe mit Sitz in Wien ist eine 100-prozentige Tochter der mehrheitlich in Staatsbesitz stehenden Sberbank in Moskau. Nach eigenen Angaben hat die Bank 187 Filialen mit 3800 Mitarbeitern und etwa 773 000 Kunden in Zentral- und Osteuropa, davon 65 000 Kunden in Deutschland und Österreich.

Alle Nachrichten zum Krieg in der Ukraine - zweimal täglich per Mail oder Push-Nachricht

Alle Meldungen und Hintergründe zum Krieg in der Ukraine - im SZ am Morgen und SZ am Abend. Unser Nachrichten-Newsletter bringt Sie zweimal täglich auf den neuesten Stand. Kostenlose Anmeldung unter sz.de/morgenabend. In unserer Nachrichten-App (hier herunterladen) können Sie den Nachrichten-Newsletter oder unsere Eilmeldungen auch als Push-Nachricht abonnieren.

Das Unternehmen betonte in einer Stellungnahme seine Kooperation mit den Aufsichtsbehörden. "Wir unternehmen alle Anstrengungen und unterstützen die Behörden uneingeschränkt, damit diese ihre Befugnisse einsetzen können, um diese beispiellose Situation im Sinne der Kunden zu meistern", sagt Sberbank-Europe-Chefin Sonja Sarközi. In einer Mitteilung wies sie darauf hin, dass mehrere Banken der Gruppe "innerhalb sehr kurzer Zeit einen deutlichen Abfluss an Kundeneinlagen" verzeichnet hätten, weswegen teilweise die tägliche Bargeldbehebung eingeschränkt worden sei.

Die russische Sberbank ist das erste größere Opfer der verschärften Sanktionen. Weitere russische Banken könnten bald folgen. Russlands Wirtschaft wird zurzeit durch harte Sanktionen wegen des Angriffs auf die Ukraine isoliert und geschwächt. In EU-Kreisen heißt es, dass ein Großteil des Geschäftsvolumens der russischen Banken von den Sanktionen betroffen sein werde.

Die bislang weitreichendste Reaktion: Am Samstagabend hatten sich die EU-Staaten, die USA, Kanada und Großbritannien dazu entschlossen, das internationale Zahlungssystem Swift für zahlreiche russische Banken zu sperren. Am Sonntag schloss sich auch Japan diesem Schritt an. Das bedeutet, dass einige von der EU gelistete Finanzhäuser kein Geld mehr ins Ausland über Swift überweisen oder Überweisungen von dort erhalten können. Der Ausschluss aus diesem System ist für die Sberbank und viele weitere russische Banken ein schwerer Schlag.

Auch deutsche Sparer sind von der drohenden Pleite betroffen

Bereits in den vergangenen Tagen gab es offenbar massiven Druck aus London. Laut britischen Medien drängte die Regierung von Premierminister Boris Johnson die Europäische Union, so bald wie möglich Sanktionen gegen die russische Bank zu verhängen. "Wir müssen die Sberbank plattmachen", zitierte etwa das Nachrichtenportal Politico einen Regierungsinsider.

Der "unlösbare Liquiditätsengpass" der Sberbank Europe hat auch Auswirkungen für deutsche Sparer. Da die Institution über eine Niederlassung in Deutschland Einlagen eingeworben hat, sind rund 35 000 deutsche Konten mit Guthaben von rund 1,1 Milliarden Euro betroffen. Im Insolvenzfall wäre dafür die österreichische Einlagensicherung verantwortlich, die erst vor zwei Jahren bei zwei Bankinsolvenzen einspringen musste. Einlagen von Privatanlegern sind in der EU bis zu einer Höhe von 100 000 Euro je Einleger und Bank gesetzlich geschützt - auch bei der europäischen Sberbank. Das bestätigte die deutsche Finanzaufsicht Bafin. Die Anstalt würde intensiv "die Entwicklungen aus aufsichtlicher Perspektive" beobachten und in "engem Kontakt" stehen zu anderen Aufsichtsbehörden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: