Süddeutsche Zeitung

Russland-Geschäft:Deutsche Bank fürchtet die nächste Milliardenstrafe

  • Die Deutsche Bank hat in Russland möglicherweise internationale Sanktionen gegen Moskau missachtet.
  • In Frankfurt fürchtet man bereits neue, milliardenschwere Konsequenzen.

Analyse von Meike Schreiber, Frankfurt

Neuer Verdacht

Die Sache ist für die Deutsche Bank ohnehin schon unangenehm - jetzt könnte es allerdings richtig teuer werden: Laut einem Bericht der Financial Times verdichten sich die Anzeichen, dass das Frankfurter Kreditinstitut bei Geschäften in Moskau nicht nur gegen Geldwäsche-Auflagen, sondern auch gegen Sanktionen verstoßen haben könnte. Demnach ermitteln das US-Justizministerium und die Finanzbehörde von New York gegen die Deutsche Bank inzwischen auch wegen des Bruchs von Sanktionen gegen Russland.

Bei dem Geldwäsche-Verdacht geht es um Wertpapiergeschäfte im Volumen von etwa sechs Milliarden Dollar. Im Zentrum der Ermittlungen steht dabei ein derzeit beurlaubter amerikanischer Angestellter der Deutschen Bank, der bei dem Institut im Russland-Geschäft gearbeitet hat. Der Fall ist auch deswegen so unangenehm für die Bank, weil er noch nicht lange zurückliegt. Die Händler sollen den fraglichen Geschäften von 2011 bis Anfang 2015 nachgegangen sein - obwohl die Bank wegen der vielen Skandale der vergangenen Jahre zahlreiche Kontrollmechanismen eingeführt und einen Kulturwandel ausgerufen hatte.

Bei dem neuen Verdacht geht es nun konkret darum, dass die Bank offenbar weiter mit russischen Kunden Geschäfte gemacht hat, die im Zuge der Krim-Annexion Russlands im vergangenen Jahr mit internationalen Sanktionen belegt worden waren. So soll die Bank Geschäfte mit Vertrauten von Russlands Präsident Wladimir Putin gemacht haben, berichteten mehrere Medien.

Die Deutsche Bank teilte am Montag mit, die Aufklärung dubioser Geschäfte zwischen Moskau und London stehe im Vordergrund. Sie arbeite mit den Behörden zusammen, habe bereits disziplinarische Maßnahmen getroffen und werde das gegebenenfalls weiter tun.

Die möglichen Folgen

Wie teuer der mögliche neue Ärger für die Deutsche Bank werden könnte, ist noch völlig unklar. In den Frankfurter Doppeltürmen aber fürchten viele, er könnte die "Dimension von Libor" einnehmen. Für die Manipulation des Referenzzinssatzes Libor hatte die Bank unlängst 2,5 Milliarden Euro gezahlt. Beim Thema Geldwäsche und Sanktionsbruch aber verstehen die US-Behörden keinen Spaß, schließlich hat das Ganze noch eine politische Dimension. Einige andere Finanzinstitute mussten für Vergleiche wegen des Bruchs gegen die Iran-Sanktionen bereits hohe Strafen zahlen: die französische BNP Paribas knapp neun Milliarden Dollar, die Commerzbank 1,45 Milliarden Dollar. Auch die Deutsche Bank steht im Verdacht, gegen Iran-Sanktionen verstoßen zu haben. Die Gespräche über einen Vergleich dauern jedoch noch an.

Im jüngsten Halbjahresbericht hatte das Institut bereits eingeräumt, die Aktiengeschäfte in Moskau und London zu untersuchen. Mehrere Mitarbeiter in der Moskauer Niederlassung wurden deshalb freigestellt, darunter auch der ehemalige Chef-Händler in Russland. Außerdem zog sich die Bank aus dem Investmentbanking in Russland zurück. Im Zuge des jüngsten Umbaus des Vorstands hatte außerdem der bisherige Co-Chef des Investmentbankings, Colin Fan, die Bank verlassen. Auch Personal- und Europachef Stephan Leithner ist von seinem Vorstandsamt zurückgetreten und wechselt in die Private-Equity-Branche. Er war im Vorstand zuständig für die Russland-Geschäfte und Aufsichtsratschef der Bank in Russland.

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