Russische Aktien:Wenn Spekulanten schon am Namen scheitern

Durch die Zerschlagung des russischen Ölkonzerns Yukos haben sich nicht nur dessen Aktionäre Blessuren geholt. Auch Spekulanten, die aus dem Kreml-Manöver Kapital schlagen wollten, griffen daneben. Dabei offenbarten sie, wohin Geldgier gepaart mit geballter Inkompetenz führen kann.

Von Paul Katzenberger

Die russische Börse ist auch für Profis unberechenbar. Dies zeigte sich zuletzt bei der Zerschlagung des Ölkonzerns Yukos, die manchem Investor an der Moskwa einmal mehr schmerzhaft klar machte, dass hier nicht nur ökonomische Fakten zählen, sondern Präsident Wladimir Putin immer ein Wort mitreden kann.

Russische Aktien: Händlerin eines Moskauer Brokers bei der Arbeit.

Händlerin eines Moskauer Brokers bei der Arbeit.

(Foto: Foto: Reuters)

Blessuren holten sich dabei aber auch Spekulanten, die aus dem Kreml-Manöver Kapital schlagen wollten - und dabei offenbarten, wohin Geldgier gepaart mit geballter Inkompetenz führen kann.

Etliche deutsche Anleger legten sich Ende des Jahres den Exoten-Titel Rosneftegazstroy ins Depot. Das Papier des Pipeline-Bauers erfreute sich am 23. Dezember 2004 plötzlich einer unerklärlich starken Nachfrage.

Umsatz schießt nach oben

Wurden an der Börse Frankfurt kurz zuvor kaum mehr als 200.000 Rosneftegazstroy-Aktien pro Tag umgesetzt, so schoss der Umsatz an diesem Tag plötzlich auf 5,1 Millionen Titel. Das Papier verteuerte sich dabei um mehr als das Doppelte von 0,28 auf 0,62 Euro.

Am nächsten Handelstag - dem 27. Dezember - verdreifachte die Aktie in der Spitze sogar ihren Wert auf 1,98 Euro und schloss schließlich bei einem Tagesumsatz von 9,3 Millionen bei 1,21 Euro.

Einen nachvollziehbaren Grund dafür gab es nicht. Offensichtlich war es eine Namensähnlichkeit, die den schnellen Zockern schon reichte, um in Scharen in den Wert einzusteigen.

Tagelanges Versteckspiel

Denn kurz zuvor hatte der Kreml nach einem tagelangen Versteckspiel eingeräumt, dass der Staatskonzern Rosneft hinter der Übernahme der Yukos-Tochter Yuganskneftegas steckt.

Da der marode Rosneft-Konzern mit der lancierten Billig-Übernahme seine Förderkapazität schlagartig von etwa 20 Millionen auf knapp 70 Millionen Tonnen Öl pro Jahr erhöhte, glaubte so manch neuer Rosneftegazstroy-Eigner wohl, ein Schnäppchen ergattert zu haben.

Einziges Problem: Bei Rosneftegazstroy und Rosneft handelt es sich um zwei völlig eigenständige Unternehmen, die außer ihres ähnlichen Namens nichts gemeinsam haben.

Kaufen, wenn alle kaufen

Doch dieser einfachen Erkenntnis zeigten sich die Anleger nicht zugänglich, obwohl in einigen Internet-Foren frühzeitig vor der Verwechslungsgefahr gewarnt worden war. Allein die These "andere kaufen, also muss etwas dran sein" reichte offenbar als Argument aus, um selbst zuzugreifen.

Die Quittung erhielten die Anleger in den ersten beiden Handelswochen des neuen Jahres: Bis zum Dienstag stürzte die Rosneftegazstroy-Aktie auf 0,56 Euro ab.

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